Secret Contract (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 14. Juli 2009 01:00
Shinobu Gotoh & Kae Maruya
Secret Contract
(Mitsuyaku, 2006)
Aus dem Japanischen von Alexandra Klepper
Carlsen, 2009, Taschenbuch, 200 Seiten, 5,95 EUR, ISBN 978-3-551-78966-2
Von Irene Salzmann
Japan nach dem Zweiten Weltkrieg: Als Schüler lernen sich Yuichi und Iori kennen. Der eine ist ein Waise, der sich mehr schlecht als recht durchschlägt und unter der Obhut eines eigentümlichen Onkels steht, der andere entstammt einer privilegierten Familie. Obwohl sie verschiedenen Welten angehören, werden sie Freunde – und mehr.
Einige Jahre später ist Yuichi Geschäftsmann und verkauft hin und wieder wertvolle Besitztümer aus Ioris Erbe, denn die Familie ist trotz ihres Ansehens verarmt. Aus diesem Grund soll Iori eine Frau aus reichem Haus heiraten. Nach außen hin fügt er sich der Notwendigkeit, doch sein Herz gehört weiterhin Yuichi.
In der Nacht vor der Hochzeit sehen und lieben sie sich – vielleicht – ein letztes Mal. Als sie von dem Kuchen probieren, den Yuichis Onkel gebracht hatte, passiert es: Yuichi wäre beinahe an einem Bissen erstickt. Am anderen Tag wirkt Iori stark geschwächt und bricht nach der Zeremonie zusammen.
Zufälle? Wirklich nichts Außergewöhnliches? Die Bemerkungen seines Onkels lassen Yuichi hellhörig werden, und er verlangt nach Antworten. Schließlich erzählt ihm der Verwandte von dem Geheimnis, das den Clan belastet und unter dem auch Yuichi nun zu leiden hat. Es ist keine Liebe, die ihn mit Iori verbindet, sondern ein unheimlicher Hunger …
Wer sich ein wenig mit japanischen Sagen und Märchen auskennt, hat längst die Parallelen zu den Fuchsgespenstern und den Geistern Verstorbener bemerkt, die nicht zwangsläufig den Menschen Schaden zufügen wollen, deren Einfluss jedoch üble Nebeneffekte zeigt und es praktisch unmöglich macht, dass zwei so verschiedene Liebende zusammenbleiben können.
Yuichis wahres Wesen erwacht relativ spät, so dass er kaum glauben kann, dass die Zeit mit Iori nicht mehr war als eine Beziehung zwischen Jäger und willigem Opfer. Die jungen Männer müssen eine Entscheidung fällen, die für einen der beiden das Verhängnis bedeutet. Aber selbst das ist nicht einfach zu bewerkstelligen, wenn Sturheit – oder doch Liebe? – im Spiel sind.
Shinobu Gotoh gelingt es, die Atmosphäre der Nachkriegszeit einzufangen, die geprägt ist von Gegensätzen: dem Aufeinanderprallen alter Traditionen und einer modernen Lebens- und Denkweise. Dies spiegelt sich in den Protagonisten wider. Allerdings ist nicht jeder das, was er zu sein scheint, denn tatsächlich ist der realistische Yuichi derjenige, der sich opfern will und davon läuft, während Iori, der wie ein Boheme wirkt, die auferlegten Pflichten akzeptiert, letztlich jedoch ausbricht und die Initiative ergreift.
Der offene Schluss der Story ist angemessen, denn ein seichtes Happy End hätte die Dramatik verwässert, und eine Tragödie wäre gewiss nicht im Sinne der meisten Leserinnen gewesen. Die Biseinen sind einfach zu sympathisch und attraktiv, als dass man sie ohne ein Fünkchen Hoffnung mit samt dem Manga hätte ins Regal stellen wollen.
Die zwischenmenschlichen Szenen sind nicht zu explizit und zeigen längst nicht alles, auch wenn man weiß, was geschieht. Die Darstellungen müssen auch gar nicht deutlicher sein, denn die Handlung zieht in den Bann, und die Prise Erotik liefert das I-Tüpfelchen. Allerdings hätte man ›die kleinen Details‹ durchaus andeuten können, statt leere Stellen am Körper zu lassen. Kae Maruyas Stil gefällt denn sie zeichnet sehr schön, realistisch-idealistisch und detailreich.
Wer die Serien »Takumi-kun«, »Passion«, »Time Lag« etc. (Shinobu Gotoh) und »As You Wish!«, »Love Contract« usw. (Kae Maruya) kennt, weiß, was ihn erwartet. Mag man Boys Love, die vieles, aber nicht alles zeigt, und hübsche, junge Männer, die dem Schüler-Milieu entwachsen sind, dann sollte man in »Secret Contract« schauen, denn der Oneshot beweist, dass sich BL auch mit anderen Genres bestens verträgt. Außerdem sprechen die Biseinen die meist vernachlässigten reiferen Leserinnen an.