Game of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer 3 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 26. Juli 2014 09:59
George R. R. Martin & Daniel Abraham
Game of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer 3
(A Game of Thrones 13-18, 2013/2014)
Aus dem Amerikanischen von Andreas Helweg
Titelbild von Mike S. Miller
Zeichnungen von Tommy Patterson, Ivan Nunes
Panini, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 196 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-86201-800-0 (auch als Hardcover erhältlich, 39,99 EUR)
Von Irene Salzmann
Als loyale ‚Rechte Hand‘ von König Robert Baratheon ist Eddard Stark, Lord von Winterfell, ins Visier der Lennisters und ihrer Verbündeten geraten. Schwer verletzt nach einem Attentat und zunehmend isoliert bemüht er sich dennoch, die Angelegenheiten seines Königs nach bestem Gewissen zu erledigen. Als er jedoch das Geheimnis von Roberts Gemahlin Cercei und ihres Zwillingsbruders Jaime aufdeckt, die um jeden Preis den gemeinsamen Sohn Joffrey als nächsten König sehen wollen, wird sein und Roberts Tod beschlossen.
Die Bedrohung ahnend, versucht Eddard, seine Töchter Sansa und Arya in Sicherheit zu bringen, doch eine von ihnen wird ungewollt zur Verräterin.
Unterdessen verliert Eddards Frau Catelyn auf Hohenehr ihre wichtige Geisel Tyrion Lennister durch die Dummheit ihrer Schwester Lysa und ein Gottesurteil. Zusammen mit dem Söldner Bronn darf Tyrion die Burg verlassen, aber auch die scheinbare Rettung kann nur in den sicheren Tod führen, und tatsächlich fallen beide in die Hände der feindlich gesinnten Bergstämme.
Auf Winterfell schart Robb, der älteste Sohn von Eddard und Catelyn, die verbündeten Fürsten und ihre Armeen um sich, denn Lennister-Soldaten haben damit begonnen, die Ländereien ihrer Gegner anzugreifen. Bran, der den Sturz, an dem Jaime die Schuld trägt, zwar überlebt hat, aber seither gelähmt ist, befürchtet, dass die Warnung der Wildlingsfrau Osha berechtigt ist: dass die wahre Gefahr aus dem Norden, nicht dem Süden kommt. Doch Robb missachtet die Worte seines jüngeren Bruders und bricht auf in einen Krieg, der viele Opfer fordern wird.
Jon Schnee, Eddards Bastardsohn, der sich der Nachwache angeschlossen hat, legt zusammen mit seinen Kameraden den Eid ab und gilt somit als vollwertiger ‚Bruder‘ jener Männer, die alles hinter sich gelassen haben, um die hohe Mauer aus Eis zu schützen, auf deren anderer Seite sich ein Unheil ungeahnten Ausmaßes zusammenbraut. Entgegen seiner Hoffnung wird er, der beste Kämpfer, jedoch nicht den Grenzern zugeteilt, sondern soll dem alternden Kommandanten als Kämmerer dienen. Jon schäumt vor Wut, aber er hat keine andere Wahl und muss sich fügen.
Viserys und Daenerys Targaryen, die Kinder des früheren Herrschers von Westeros, der von Robert und seinen Getreuen getötet wurde, planen weiterhin die Rückeroberung ihres Erbes. Allerdings hat Khal Drogo wenig Interesse daran, sein Versprechen in absehbarer Zeit zu erfüllen und Viserys eine Armee als Entgelt für die Vermählung mit Daenerys, die hochschwanger ist, zur Verfügung zu stellen. Als Viserys Daenerys beleidigt, trifft ihn Khal Drogos Zorn. Der Anführer der Dothraki ändert seine Meinung prompt, als Daenerys und sein ungeborener Sohn beinahe einem von Robert gedungenen Attentäter zum Opfer fallen.
Nahtlos knüpft die Handlung des dritten Bandes an den Vorgänger an. Nach der Romanvorlage von George R. R. Martin setzt Daniel Abraham die Handlung getreulich um und schildert, wie die Situation an verschiedenen Orten für alle Protagonisten eskaliert. Kennt man die Bücher, weiß man, was auf jeden Einzelnen zukommt: nichts Gutes! Und auch wenn man mit den Romanen nicht vertraut ist, ahnt man, dass sich die Tragödie zuspitzen wird.
Das Schicksal von Robert Baratheon ist richtungsweisend, und dass es so kommen würde, ist keine Überraschung, da die Vorbereitungen dafür in den vorherigen Episoden geleistet wurden. Jene, die man als ‚die Guten‘ erachtet und mit denen man sympathisiert – die Starks und ihre Freunde, aber auch mit dem gewitzten Tyrion Lennister –, werden zu Spielbällen und Bauernopfern im „Game of Thrones“, denn sie sind die Einzigen, die nicht nach der Krone über Westeros streben und dafür über Leichen gehen, sondern lieber ihre eigenen Angelegenheiten im Auge behalten und sich als aufrichtige Gefolgsmänner des Königs betrachten.
Das macht sie zu leichten Opfern insbesondere der intriganten Königin Cercei, die keinerlei Skrupel kennt, wenn sie ihre Interessen durchsetzen will – die Attentate auf Bran, der zu viel weiß, sind nur ein Beispiel. Obwohl sie in die Enge getrieben wird, vermag Cercei den Spieß umzudrehen und ihren brutalen und feigen, aus der inzestuösen Beziehung zu Jaime stammenden Sohn auf den Thron zu setzen. Besonders fatal ist, dass ihr eine von Eddards Töchtern aus purem Egoismus und grenzenloser Dummheit alle Trümpfe in die Hand gab. Eine Konsequenz ist die Verhaftung des Mädchens, während sich die Schwester allein auf der Flucht befindet und nach einem Weg sucht, Königsmund zu verlassen und sich nach Winterfell durchzuschlagen.
Catelyn und Robb werden mit der Gefangennahme ihrer Angehörigen erpresst, heben aber dennoch ein Heer aus, da sie wissen, dass den Lennisters, die nun die Macht in den Händen halten, nicht zu trauen ist. Unverhofft werden Mutter und Sohn vereint, und obwohl sich Robb die Treue der erfahrenen Fürsten sichern konnte, befürchtet Catelyn, dass er verhängnisvolle Fehler begehen wird, die sie alle ins Verderben stürzen. Zu dumm, dass Tyrion ihr entwischt ist, aber auch für den Kleinwüchsigen und Bronn sieht es nicht gut aus, da die Bergstämme ihre Unterdrücker töten wollen.
Nicht minder dramatisch geht es an der Grenzmauer zu. Zwar verspürt man dort die Folgen der Intrigen nur am Rande – das Ausbleiben von neuen Soldaten und Equipment –, doch interne Probleme sorgen für unnötige Schwierigkeiten. Jon Schnee wird immer wieder provoziert von einem der Ausbilder, was eine Bestrafung nach sich zieht, als er sich nicht mehr beherrschen kann. Seine Arretierung erweist sich allerdings als Segen für die Nachtwache, weil er schlimmstes Unheil verhindern kann und gleichzeitig beweist, dass die Mythen einen Kern Wahrheit beinhalten und dass die Gefahr von jenseits der Mauer real ist.
Daenerys Targaryen, die zunächst das Anhängsel ihres Bruders war, kann sich von Viserys lösen und zunehmend Einfluss auf Khal Drogo ausüben. Dass sie die Gebräuchte der Dothraki annimmt, ihre Sprache zu erlernen versucht und seinen Sohn gebären wird, bringen ihr Anerkennung ein und stärken ihr Selbstbewusstsein. Nun will sie den Thron ihrer Vorfahren nicht länger für Viserys, sondern für sich selber und ihre Nachkommen.
Die verschiedenen Schauplätze wurden von Tommy Patterson detailreich und realistisch in Szene gesetzt. Tatsächlich sind die Hintergründe seiner Bilder schöner als die doch etwas kantig geratenen Akteure. Das soll nicht heißen, dass seine Figuren nicht ansprechend wären – sie können nur nicht mit denen des Coverzeichners Mike S. Miller mithalten, dessen Werke hohe Erwartungen wecken. Dennoch passt der Stil zum Genre, besser als wenn der Künstler den ‚glatteren‘ und idealisierten Superhelden nacheifern würde. Zudem orientiert er sich an den Darstellern der TV-Serie, sodass vor allem jene Leser, die erst durch die Filme auf den Comic und/oder das Buch aufmerksam wurden, ihre Vorstellung von den Charakteren nicht korrigieren müssen.
Gestik und Mimik der Figuren gehen eine Einheit mit den Dialogen ein und ersetzen viele Wortfelder, zumal „Game of Thrones“ ohnehin zu den textlastigeren Titeln zählt. Die Handlung wird ausführlich wiedergegeben. Man vermisst keine aus den Romanen bekannten wesentlichen Details. Jede Handlungsebene mit ihren Protagonisten hat den ihr zustehenden Raum. Das führt allerdings dazu, dass sich die Geschehnisse sehr langsam entwickeln – doch wer epische Fantasy schätzt, erwartet nichts anderes.
Mit der Comic-Serie „Game of Thrones“ erschließt sich George R. R. Martin neue Fankreise, insbesondere unter jenen, die vor den umfangreichen Romanen der noch nicht abgeschlossenen Serie (voraussichtlich werden es 14 deutsche Bände sein) zurückschrecken. Ob man nun den Büchern oder der TV-Reihe den Vorzug gibt oder sich von beidem unterhalten lässt – die Comics stellen eine gelungene Ergänzung dar, auch allgemein für Fantasy-Freunde. Nach den zahlreichen Cliffhangern wartet man gespannt auf die Fortsetzung.