Batman Sonderband 43 Schreckensnächte in Gotham City (Comic)

Batman Sonderband 43
Schreckensnächte in Gotham City
(Batman Annual 2, Detective Comics Annual 2, Batman 19-23 (II), Detective Comics 21-23 (II))
Autor: Scott Snyder u.a.
Zeichnungen: Wes Craig u.a.
Übersetzung: Steve Kups
Panini, 2014, Paperback, 132 Seiten, 14,99 EUR

Von Frank Drehmel

Im 43. „Batman“-Sonderband präsentiert uns Panini sechs „schaurige“ Geschichten, die den Leser auf die dunkle Seite Gothams führen, wobei dunkel nicht als Mangel an Beleuchtung zu verstehen ist – das zwar auch, wenn man sich das durch die Bank düstere Artwork vor Augen hält –, sondern in erster Linie als das Grauen angesichts des Abgrundes menschlicher Taten und menschlicher Seelen.

Insgesamt mutet diese Anthologie aufgrund der unterschiedlichen Quellen auf den ersten Blick recht eklektizistisch an, insbesondere auch, weil neben zwei Annuals sogenannte Back-up-Storys Berücksichtigung finden, aber durch die geschickte Themensetzung sind die dargebotenen Storys zweifellos dennoch durch einen roten Faden verbunden.

Obgleich einige alte Bekannte – von Superman bis Man-Bat – durch einige der Geschichten geistern, sie allesamt düster, pointiert und spannend inszeniert sind – in künstlerischer Hinsicht bieten sie insgesamt guten, klaren Grim’n’gritty- Mainstream, auch wenn sie sich im Duktus zum Teil signifikant unterscheiden –, möchte ich das Augenmerk auf drei Storys lenken, die mich nachhaltig beeindruckt haben.

Zunächst wäre da die Eröffnungsgeschichte „Im Käfig“ („Cages“) zu nennen, die 2013 im „Batman“-Annual 2 veröffentlicht wurde: Eric Border erinnert sich an seine erste Nacht als Pfleger im Arkham Asylum, der psychiatrischen Anstalt für wahnsinnige Kriminelle. Genau in dieser Nacht lässt sich Batman offiziell in der Anstalt einschließen, um die Sicherheitsvorkehrungen des Instituts durch einen Ausbruch auf die Probe zu stellen. In der Tat gelingt es dem Dunklen Ritter problemlos, aus seiner Zelle zu entkommen; doch seine Anwesenheit bleibt nicht unbemerkt. Eine uralte Frau, die sich in Anlehnung an eine altgriechische Bezeichnung für Büßer Anchoress nennt, die sich vor langer, langer Zeit freiwillig in Arkham Asylum einwiesen ließ, nachdem sie mit ihren besonderen Fähigkeiten einen Menschen getötet hat und die in ihrer Zelle in Vergessenheit geriet, wird der Anwesenheit Batmans gewahr; jenes Mannes, den sie dafür verantwortlich macht, dass aus dem ehemaligen Hospital eine Hölle – ihre Hölle – wurde. Und so bricht auch sie aus ihrer Zelle, deren spezielle Gitter sie schon lange nicht mehr halten können, aus, um an Batman Rache zu nehmen, indem sie seinen Verstand die traumatischen Erlebnisse seiner Vergangenheit wieder und wieder und ewig erleben lässt.

Die zweite Story, „Ein Gesicht unter vielen“ („Face in the Crowd“) sowie ihr Epilog „Geistige Gefängnisse“ („Contained Multitudes“), erschienen ebenfalls 2013 und zeitgleich zu obiger Story im „Detective Comics“-Annual 2. Eine augenscheinlich alte Frau überfällt eine Bank in Gotham. Als ein Wachmann eingreift, endet der Überfall in einem Blutbad und die Alte flieht. Zwar ist Batman zur Stelle, doch die Täterin kann auf unerklärliche Weise spurlos verschwinden. Es dauert jedoch nicht lange, bis Batman herausfindet, dass er es mit einem Täter zu tun hat, der nicht nur äußerst brutal vorgeht, sondern die Identitäten seiner Opfer raubt und so perfekt imitiert, dass er selbst den Mitternachtsdetektiv täuscht.

Beide Geschichten weisen neben einer dem Konzept entsprechenden dunklen Atmosphäre sowohl eine hohe Intensität als auch eine tiefe menschliche Tragik auf, wobei es im Detail allerdings einige Unterschiede gibt. In „Cages“ leidet der Leser von Beginn an mit der Antagonistin, kann ihre Beweggründe, das Gefühl, in ihrem selbstgewählten Käfig die Hölle zu durchleiden, nachvollziehen, weil sie es beziehungsweise sich erklärt, rechtfertigt und insofern auch Verständnis fordert. Und je mehr sie erklärt, je mehr sie seine Methoden und das Arkham-Asylum-System, das auf Wegsperren und nicht auf Heilung ausgelegt ist, in Frage stellt, desto weniger kann der Held – Batman – ihr argumentativ entgegensetzen, sondern reagiert schlussendlich genau mit der Gewalt, die sie ihm vorhält.

„Face in the Crowd“ beziehungsweise „Contained Multitudes“ hingegen warten mit einer Gegnerin auf, die es uns aufgrund ihrer Brutalität zwar schwer macht mit ihr zu leiden oder zu sympathisieren, die aber schlussendlich dennoch wegen ihrer Sprachlosigkeit in Bezug auf ihr Ich, dem Fehlen einer fassbaren Identität und der tiefen Leere, die sie ausströmt – Lieutenant Bullock fasst es folgendermaßen zusammen: „Wenn sie die Maske abnahm, war es, als wäre sie nicht da. Als würde sie nicht existieren, solange sie nicht in das Leben eines Anderen schlüpft.“ –, Mitleid erweckt, da sie ein zentrales Thema von uns allen berührt. Wer bin ich? Was treibt mich an?

Fazit: Alleine schon wegen der hohen emotionalen Intensität und „philosophischen“ Tiefe der beiden Annual-Story-Arcs ein echtes Highlight des Superhelden-Genres.