Grimm Fairy Tales präsentiert: Oz 1 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 24. Juni 2014 10:01
Joe Brusha Raven Gregory und Ralph Tedesco
Grimm Fairy Tales präsentiert: Oz 1
(Grimm Fairy Tales presents Oz, 2013)
Aus dem Amerikanischen Sandra Kentopf
Zeichnungen von Rolando Di Sessa, Miguel Mendoca, Glauber Matos
Panini, 2014, Paperback, 144 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-86201-976-2
Von Christel Scheja
Nachdem schon „Alice im Wunderland“ und verschiedenste Märchen der Gebrüder Grimm daran glauben mussten, sind die Macher der düsteren Welten der „Grimm Fairy Tales“ nun auch auf den amerikanischen Kinderbuch-Klassiker aufmerksam geworden und erzählen ihre Variante der Abenteuer des Mädchens Dorothy im wundersamen Land Oz.
Dorothy Gale ist ein süßes und unschuldiges Waisenmädchen, das seit sie denken kann bei ihrem Onkel und ihrer Tante auf einer Farm in Kansas lebt. Auch die Arbeiter mögen sie und flirten mit ihr, wo sie können, denn sie ist zu einer ansehnlichen Frau herangewachsen. Sie ist so freundlich und nett, dass sie auch einen Wolf gesund pflegt und ihn als ihren Hund Toto betrachtet, nicht ahnend, dass sie damit eine Kette von Ereignissen in Gang setzt, die ihr Leben nachhaltig durcheinander bringen wird. Denn schon kurze Zeit später stellt ihr eine düstere Frau nach und entfesselt einen schrecklichen Wirbelsturm.
Dorothy findet sich im magischen Land Oz wieder. Zuerst wird sie selbst verdächtigt, eine böse Hexe wie die zu sein, die sie unabsichtlich erschlagen hat, aber die gute Fee Glinda kann den Irrtum schnell aufklären und das Mädchen in die Konflikte und Probleme dieser Welt einführen.
Auch wenn sie eigentlich viel lieber wieder zurück nach Hause will, wird Dorothy in das Ringen um ein mächtiges Artefakt mit hineingezogen. Die bösen Hexen wollen unbedingt in den Besitz eines Zepters kommen, das die Herrschaft über die Zauberwelten bedeutet und Glinda versucht dies mit allem Mitteln zu verhindern. Sie bringt das Mädchen dazu ihr zu folgen, denn sie spürt instinktiv, dass es die einzige Rettung sein kann.
Denn die junge Frau aus Kansas ist mehr als nur ein einfaches Waisenkind, wie sie auf dem gefährlichen Weg zur Smaragdstadt erfährt, sie ist enger mit der Welt verbunden als sie dachte und besitzt Kräfte, die sie schon bald entfesseln muss, wenn Oz und Co. nicht untergehen sollen.
Das Erfolgsrezept ist einfach und funktioniert auch in diesem Falle. Die Kinderbuch-Heldin ist kein asexuelles Mädchen vor der Pubertät mehr, sondern eine junge Frau, die diese schon hinter sich hat und sich unbewusst ihrer erotischen Ausstrahlung bewusst ist, auch wenn das natürlich nicht unbedingt in ihren Worten Ausdruck findet, sondern eher in ihrer Körperhaltung, ihren Gesten und dem natürlichen Umgang mit überaus knapper Bekleidung. Und das ist noch nicht alles, denn so naiv, niedlich und dumm die Heldin, in diesem Fall Dorothy, auch zunächst wirken mag, wenn sie den Mund aufmacht – nachdem der erste Schreck überwunden ist, weiß sie sich zu wehren und ihre Frau zu stehen.
Der Autor Joe Brusha bedient sich vieler Handlungselemente der Vorlage. Allerdings spielen hier die Hexen eine viel größere Rolle – Glinda beobachtet das Ganze nicht nur aus der Ferne, sondern ist aktiv mit dabei.
Auch diesmal erzählt die Handlung die Reise zur Smaragdstadt, auf der Dorothy und Glinda mit der Vogelscheuche und dem Blechmann weitere Verbündete finden, der Löwe ist bereits als Gefolgsmann der weißen Hexe mit dabei. Für Action sorgen die Monster, die in den gefährlichen Regionen von Oz hausen und die Schergen der schwarzen Hexe des Ostens. Damit man auch noch auf den kommenden Band neugierig wird, gibt es immer wieder Andeutungen auf die wahre Bestimmung Dorothys – aber die entsprechenden Schlüsse können wohl nur die Leser ziehen, die mehr als den „Zauberer von Oz“ kennen.
Alles in allem erweist sich die Saga als unterhaltsame Adaption eines Klassikers, der sich bewusst an ältere Leser richtet. Immerhin dreht sich diesmal nicht alles nur um eine mit Horror und ein paar Kämpfen garnierte Fleischbeschau, es steckt sogar etwas mehr dahinter als zunächst der Anschein hat.
Wer kernige Fantasy mit leichtbekleideten und gutgebauten Kämpferinnen mag, die sich frech an einen Kinderbuch-Klassiker anlehnen, wird bei „Grimm Fairy Tales präsentiert: Oz“ sicherlich nicht danebengreifen, denn der erste Band der Saga bietet neben viel Action und einem Schuss Erotik durchaus auch eine Handlung, die eine interessante Variation der Urgeschichte bietet und sogar ein wenig neugierig auf die Fortsetzung macht