Pathfinder 1: Die finstere Flut (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 14. Juni 2014 11:00
Pathfinder 1
Die finstere Flut
(Pathfinder 1-6)
Autor: Jim Zub
Zeichnungen: Andrew Huerta u.a.
Übersetzung: Gerlinde Althoff & Bernd Kronsbein
Panini, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 224 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-86201-961-8
Von Frank Drehmel
Als die vergleichsweise junge Firma Paizo Publishing, welche zuvor schon als Herausgeber des „Dungeon“- sowie des“ Dragon“-Magazins Erfahrungen im Bereich der Pen- & Paper-Fantasy-Rollenspiele sammeln konnten, im Jahre 2007 die auf der Open Game License von Wizards of the Coasts „Dungeons & Dragons“-Regelwerk (Version 3.5) basierende eigene Produktlinie „Pathfinder“ auf den Markt brachte, waren zwei Dinge kaum vorhersehbar.
Erstens die geradezu schismatische Spaltung der Pen- & Paper-Community in Anhänger des „Pathfinder“- auf der einen und des „Dungeon & Dragons“-Regelwerks Version 4.0 auf der anderen Seite, sowie zweitens der an Veröffentlichungszahlen gemessene überwältigenden Erfolg des neuen Settings, welches mittlerweile das bis in die jüngere Vergangenheit unangefochtene D&D an der Spitze dieses Nischen-Marktes ablösen konnte.
Im Zuge des wirtschaftlichen Erfolges – und weil es die „Dungeon & Dragon“-Verantwortlichen über Jahrzehnte schon mit zahlreichen Serien vorexerziert haben –, nimmt es nicht Wunder, dass Paizo sein Franchise auch in den Comic-Markt auszudehnen versucht. Bemerkenswert dabei ist, dass sich der vorliegenden Sammelband nicht nur an Comic-Leser wendet, um sie möglicherweise für das Rollenspiel zu interessieren, sondern auch Spielern über die bloße Geschichte hinaus umfangreiches Zusatzmaterial bietet, in dem Orte und Figuren so spielgerecht aufgearbeitet sind, dass man sie problemlos in eine Kampagne einbauen kann.
Damit sind wir auch schon bei der Story selbst, die erstens nicht nur extrem einfach aufgebaut ist, sondern erzählerisch wie dramaturgisch ebenfalls einem relativ typischen Spiele-Abend ähnelt: Hexenmeisterin Seoni, Elfen-Schurkin Merisiel und Krieger Valeros wandern während des Tages fröhlich durch den Wald, als sie Opfer eines Goblin-Überfalls werden. Selbstredend können sie die kleinen, aber blutrünstigen Kerlchen problemlos zu Brei kloppen. Allerdings schwant ihnen Übles, da die Goblins a) ziemlich entstellt wirkten (schon bevor man sie in Einzelteile zerlegt hat) und b) der Tag im Allgemeinen zumindest bisher nicht ihr Ding gewesen ist. Zeit also, der Sache auf den Grund zu gehen und Magier Ezren, der in der nahegelegenen kleinen Stadt Sandspitze Quartier bezogen hat, diesbezüglich zu befragen.
Schnell stellt sich heraus, dass sämtliche Goblins der Gegend nicht nur ein ungewöhnlich aggressives Verhalten an den Tag legen, sondern offenkundig auch mutigerer als ihre Artgenossen sind. Verstärkt durch Priesterin Kyra und Zwergen-Waldläufer Harsk und in Erwartung einer veritablen Belohnung begeben sich die Helden in die Wälder, um die Ursache des seltsamen Verhaltens zu erkunden und finden sich schließlich in einem geradezu epischen Kampf mit einem schier übermächtigen Gegner wieder.
Der vorhersehbare Plot und die durch und durch stereotypen, klischeehaften und extrem hölzernen Charaktere, deren einzige Funktion es offenkundig ist, dem geneigten Leser/Spieler erstens einen einfachen, exemplarischen Abenteueraufbau zu präsentieren und zweitens ein simples Charakter-Beispiel zu liefern, vermögen nicht einmal ansatzweise zu fesseln. Weder überzeugt der Comic in textlicher Hinsicht . die Dialoge sind steif, bemüht und voller Plattitüden –, noch will angesichts eines bierernsten Hack’n’Slay Spannung aufkommen.
Im Vergleich zur trivialen und unspannenden Handlung mit ihren dümmlichen Figuren ist das Artwork geradezu ein Augenschmaus… aber eben nur im Vergleich zur Story. Für sich betrachtet wirken die Bilder in ihrer farblich düsteren und grafisch unruhigen Überladenheit nicht nur visuell breiig, sondern dadurch, dass die Perspektive permanent sehr nahe bei den Figuren ist, agieren die Protagonisten gleichsam im beliebigen, luftleeren Raum, anstatt in einem erlebbaren, fühlbaren und atmosphärisch stimmigen räumlichen Kontext. Zudem wirken viele Bildfolgen abgehakt, wenig elegant, eher einem schnellen Video-Schnitt, denn einem cineastischen Ansatz folgend.
In Gänze überzeugen kann nur das umfangreiche Bonusmaterial dieses Sammelbandes. Die über 30 Bilder umfassende Cover-Galerie bietet einige humoristische Highlights und die 42 Seiten spielbezogener Informationen vermitteln Einsteigern einen Eindruck vom Spiel und der Spielmechanik, während Spieler selbst das Material für eigene Kampagnen nutzen können.
Fazit: Obgleich die Story ein Totalausfall ist und das Artwork deutliche Schwächen aufweist, vermittelt der Sammelband dank umfangreichen Bonusmaterials dennoch einen passablen Eindruck vom „Pathfinder“-Setting. Von daher: bedingt empfehlenswert.