Christian Humberg & Andrea Bottlinger: Geek, Pray, Love: Ein praktischer Leitfaden... (Buch)

Christian Humberg & Andrea Bottlinger
Geek, Pray, Love: Ein praktischer Leitfaden für das Leben, das Fandom und den ganzen Rest
Titelbild und Illustrationen von Martin Frei
Cross Cult, Taschenbuch, 234 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-86425-428-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Bereits mit „Sorge dich nicht, Beame!“ präsentierten Christian Humberg und Andrea Bottlinger einen vergnüglichen Blick auf die moderne Pop-Kultur, wenn sie sich dabei auch nur auf eines der ältesten, größten und beliebtesten Fandoms konzentrierten. Nun setzen sie noch eines drauf und versuchen mit einem neuen „Ratgeber“ zusammenzufassen, was einen Geek oder Nerd eigentlich nun ausmacht, und wie vielfältig die Szene eigentlich wirklich ist: „Geek, Pray, Love: Ein praktischer Leitfaden für das Leben, das Fandom und den ganzen Rest“.

Wie ein roter Faden zieht sich dabei die Geschichte von Lukas Lang durch den Band. Der Teenager ist durchweg ein Verlierer, wird von seinen Klassenkameraden verlacht, von einigen wie Jojo Brenner sogar terrorisiert und gemobbt. Im Spind eingesperrt zu werden ist dabei nur das kleinste Problem. Und die Mädchen werfen ihm nicht mal einen Blick zu. Selbst zu Hause muss Lukas kuschen und sich den Wünschen seiner Eltern und seiner kleinen Schwester unterordnen. Wieder einmal auf der Flucht vor Jojo und seinen Kumpels landet er schließlich in einem Kino, das voller merkwürdiger Leute ist. Ohne es zu ahnen, eröffnet sich hier für ihn eine Welt, die er noch nicht kannte, und in der er nicht wie ein Außenseiter, sondern gleich wie ein Kumpel behandelt wird.

Ein Mädchen hat es ihm an diesem Abend besonders angetan, weil es einfach ungezwungen mit ihm sprach. Wegen Hannah nimmt er das Angebot wahr, zu einem Stammtisch zu kommen… und das ist der Beginn einer abenteuerlichen Zeit, in der er nicht nur entdeckt, dass andere die gleichen Hobbys und Interessen haben wie er, dass er auch etwas kann, für das man ihn bewundert und es letztendlich völlig egal ist, wie er aussieht und was er trägt. Lukas lernt so nach und nach die Welt der Media-Fans kennen, nimmt an einer Rollenspielrunde teil, beginnt für ein Fanzine zu zeichnen, besucht schließlich sogar einen Con… und wird so immer mehr ein Teil des Fandoms, der eingeschworenen Gemeinschaft, zu der er viel besser passt, als zu seinen Klassenkameraden.

Ergänzend zu der durchlaufenden Geschichte gibt es dann noch entsprechende Informationen zu den verschiedenen Auswüchsen des Fandoms, angefangen mit den ganz unterschiedlichen Arten von Conventions über Geschichten und Bilder seiner Lieblingshelden, Fanzines, bis hin zu den Rollenspielern jeder Art.

Christian Humberg und Andrea Bottlinger gehen mit viel Begeisterung und einem Augenzwinkern an das Thema heran. Man merkt, dass sie viel aus ihren eigenen Erfahrungen schöpfen, denn genau diese Bereiche sind etwas mehr ausgearbeitet als andere. Daher erheben sie auch nicht den Anspruch, einen vollständigen Überblick über die Szene zu geben, sondern nur humorvolle Einblicke in die Welt der Geeks und Nerds. Auch ist das Buch wohl in erster Linie für diejenigen geschrieben, die selbst dazu gehören und sich zwischen den Zeilen wiederfinden, weniger für den Außenstehenden oder „Einsteiger“. Denn es gibt viele augenzwinkernde Andeutungen und Hinweise, Erinnerungen an „die gute alte Zeit“,als alles noch nicht so vom Internet bestimmt war, oder die Ärgernisse, die einen schon einmal als Fan einer Serie oder eines Hobbys aufregen können.
Die mehrfach erwähnten Fanzines gibt allerdings es heute so gut wie nicht mehr – inzwischen sind sie durch Story- und Bilderarchive abgelöst wurden, die guten alten Bleistift- und manuellen Tusche oder Farbzeichungen, haben zugunsten von Computergraphiken und Fotomanipulationen ausgedient, was leider nicht in dem Maße erwähnt wird.

Immer noch aktuell sind natürlich die Auswüchse, die die Phantasie der Autoren der Fanfiction im Laufe der Jahre beschert haben. Wer bisher noch nicht wusste, was es mit „Fluff“, „Slash“ oder „Mpreg“ auf sich hat, der wird hier mit einem lachenden und weinenden Auge über diese Begriffe aufgeklärt. Allerdings werden die Rollenspieler oder die Kleinverlags- und Autorenszene, die in der Phantastik ebenfalls ihren Platz haben, eher gestreift oder gerade einmal in einem Nebensatz erwähnt, was bedauerlich ist, sind haben in ihren Reihen doch so manche der heutigen Berufsautoren Erfahrungen gesammelt und bei den Verlagen Fuß gefasst. Auch das Thema „weibliche Fans“ scheint Schwierigkeiten zu bereiten, wird beim Lesen des entsprechenden Kapitels doch immer noch nicht so ganz klar, ob der Prozentsatz der reinen „Mitläuferinnen“ in der Szene immer noch überwiegt, mittlerweile von den vollblütigen weiblichen Nerds überflügelt wurde.

Alles in allem bietet das Buch einen netten wenn auch sehr persönlichen Streifzug durch die phantastische Szene, wie sie sich in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren präsentiert hat. Die Autoren versuchen zwar auch Genre-fremden Lesern zu erklären, was einen Geek oder Nerd ausmacht, wirklich Spaß haben wird man aber nur, wenn man vieles am eigenen Leib kennt und die Begeisterung entsprechend nachvollziehen kann. Und da das Buch gar nicht erst den Versuch macht, objektiv zu sein, kann man auch die ein oder andere Aussage finden, der man nicht zustimmen mag, weil man ganz andere Erfahrungen gemacht oder einen ganz eigenen Geschmack hat.

„Geek, Pray, Love: Ein praktischer Leitfaden für das Leben, das Fandom und den ganzen Rest“ ist letztendlich eine Liebeserklärung an das Fandom, geschrieben von Insidern für Insider, die mit einem Augenzwinkern daran erinnern, was das Fan-Sein eigentlich ausmacht und wie oft man dabei eigentlich über sich selbst lachen sollte, ohne jedoch seine Leidenschaft zu verleugnen.