Daisy & Oma Duck (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 29. Mai 2014 08:37
Carl Barks
Daisy & Oma Duck
Aus dem Amerikanischen von Dr. Erika Fuchs
Ehapa, 2012, Hardcover, 180 Seiten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-7704-3577-7
Von Frank Drehmel
Obgleich ein flüchtiger Blick nahezulegen scheint, das Duck’sche Universum sei nur von Onkel und Neffen bevölkert, so ist die holde Weiblichkeit bei näherer Betrachtung alles andere als absent. Im Gegenteil, es sind die Frauen – und hier insbesondere zwei imposante Vertreterinnen ihres Geschlechts: Daisy und Oma Duck –, die die Männerwirtschaft regelmäßig in Bewegung und am Funktionieren halten.Während die tendenziell divenhafte Daisy durch ihre bloße Anwesenheit Donald – und seinen gehasstliebten Vetter Gustav Gans – ein ums andere Mal zu geistigen, emotionalen und körperlichen Höchstleistungen anspornt, die nicht selten im Desaster enden, stellt Dorette „Dortel“ Duck gleichsam den ruhenden Pol der Sippe dar.
Der vorliegende Sammelband enthält vierunddreißig, – bis auf eine Ausnahme – kürzere Storys, die allesamt aus der Feder des bedeutendsten Enten-Chronisten, Carl Barks, stammen und in denen die Grande Dame und die Femme Fatal mal gemeinsam, in der Regel jedoch getrennt auftreten. Aussage und thematischer Schwerpunkt der Geschichten sind dabei je nach Protagonistin höchst unterschiedlich:
Dorette Duck wird in ihrem natürlichen Habitat inszeniert, ihrem landwirtschaftlichen, kleinbäuerlichen Erwerbsbetrieb, in dem zwar Notwendigkeiten und Zwänge den Tagesablauf bestimmen, in dem aber auch noch Zeit für Muße im sanft schwingenden Schaukelstuhl bleibt. Ein ums andere Mal erweist sich die Großmutter als patente, geerdete Frau, die Probleme tatkräftig anpackt, die zwar aufgeschlossen neuer Technik gegenüber ist, die den ganzen neumodischen Kram aber mit Skepsis betrachtet, da die vollmundigen Verheißungen oft genug in Mehrarbeit ausarten. Zur Seite steht ihr in allen landwirtschaftlichen Belangen ihr gleichermaßen treuer und gutmütiger wie fauler und bauernschlauer Knecht Franz, der zwar oft viel will, aber entweder nichts schafft – und das ist die freundlichere Konsequenz – oder aber Chaos stiftet. Dennoch findet sich Dorette oft genug bereit, ihren vom großstädtischen Leben geplagten Verwandten ein Refugium der ländlichen Erholung zu bieten, auch wenn das für sie und Franz nicht selten mehr Arbeit bedeutet. Umgekehrt sind aber auch die Verwandten – und hier sind Tick, Trick und Track besonders hervorzuheben – ohne zu zögern bereit, für Oma in die Bresche zu springen, wenn Not an der Frau ist. Während ihr Verhältnis zur Verwandtschaft also im Allgemeinen von Altruismus, Nächstenliebe und Aufopferungsbereitschaft gepaart mit erzieherische Strenge geprägt ist, zeichnet die Beziehung zu Dagobert, dem steinreichen und oft kaltherzig erscheinenden Clan-Oberhaupt, zusätzlich sowohl eine Härte beziehungsweise Gleichmut in geschäftlichen Angelegenheiten, als auch ein wohlwollend-manipulatives Gebaren aus.
Daisy Duck wird – nicht zuletzt auch erzähltechnisch – von Barks gänzlich anders gezeichnet: Zum einen tragen die meisten der Geschichten fiktive autobiografische Züge, indem sie als Tagebucheinträge konzipiert sind, standardmäßig mit „Liebes Tagebuch!“ beginnen und mit einem expliziten Fazit aus dem Erlebten enden, zum anderen unterscheidet sich Daisy auch charakterlich signifikant von Dorette: wo die Oma sich gleichsam durch ausgeübtes Tagewerk handfest emanzipiert, ist für die geschwätzige Daisy Emanzipation von und in der Männerwelt eine Herzensangelegenheit und ein bewusster Weg, auch wenn sie an der Tücke der Dinge ab und an scheitert. Sozialen Halt und Anerkennung sucht die junge, dynamische Frau nicht nur in der ambivalenten Beziehung mit Donald, bei dem sie es versteht, ihn flirttechnisch an der kurzen Leine zu halten, sondern auch in einem Damenkränzchen, dessen Mitglieder zuweilen an die Suffragetten aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts erinnern. Jenseits ihrer Modebewusstheit und einem Interesse an glitzernden Accessoires erweist sich Daisy dennoch in Notsituationen als patente, beherzt zupackende Dame, die Dünkel auch mal Dünkel sein lassen kann.
Weil die Geschichten vergleichsweise kurz gehalten sind, ist der Gesamtrhythmus beziehungsweise -eindruck des Sammelbandes äußerst lebhaft, wobei die pointierte Erzählweise sowie zahlreiche Slapsticks gepaart mit Situationskomik den humoristischen Anspruch eindeutig belegen. Zudem findet der Autor Zeit, mit freundlichem Augenzwinkern und milder Satire Technikgläubigkeit auf der einen und emanzipatorisches Getue auf der anderen Seite zu kommentieren, wobei die männliche Welt – in Personen Daniel Düsentriebs, Donald und Dagoberts – ebenfalls ihr Fett abkriegt.
Fazit: Gefällig und freundlich visualisierte, humorvolle, warmherzige und lebendig erzählte Frauenpower! Barks at it’s best.