John Scalzi: Geisterbrigaden (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 25. Februar 2014 08:11
John Scalzi
Geisterbrigaden
(The Ghost Brigades)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Bernhard Kempen
Titelillustration von Mark Salwowski
Heyne, 2007, Taschenbuch, 428 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-453-52268-8 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Sie sind lange tot, wenn sie zum Leben erwachen. Seit Jahrhunderten rekrutiert die Koloniale Union bereits alte Menschen aus den Industrienationen der Erde um diese in neue, grüne, genetisch verbesserte Körper zu stecken und zum Schutz der Menschen in den Kolonien in den Krieg zu schicken. Wenn die Aufgabe aber selbst für diese Soldaten zu groß, zu schwierig oder aussichtslos ist, dann wird der Ruf nach Etwas, nach Jemandem laut, den es gar nicht gibt.
In den Geisterbrigaden wird menschliche DNA von Verstorbenen mit Alien-DNA vermischt, die Klone dann in Rekordzeit herangezüchtet und deren Bewusstsein geweckt. Mittels implantierten BrainPal dauert die Ausbildung der Super-Soldaten, die geistig während ihres Trainings und auch danach miteinander verbunden sind, gerade einmal zwei Wochen, dann geht es für die Menschheit in den Einsatz.
Als die menschlichen Kolonien, nachdem einer ihrer eigenen Wissenschaftler sie verraten hat, von gleich drei außerirdischen Spezies bedroht werden, versuchen die Geheimdienste verzweifelt, der Motivation des Verräters auf die Spur zu kommen. Sie implantieren den im Computer des Forschers aufbewahrten Geist des Verräters in einen Klon und beobachten den Jungsoldaten im Einsatz. Die traumatischen Kriegserlebnisse wecken die Erinnerungen des Überläufers im Klon und weisen den Weg zu dessen Versteck. Die Spur führt zu einer der Heimatwelten der Obin – die Mission der Geisterbrigade, die ihn kidnappen soll aber, versagt spektakulär. Als Klon und Naturgeborener sich begegnen, kommt Licht ins Dunkel des Verrats…
John Scalzis Romane um die Klone der Kolonialen Union haben ihm eine breite Fangemeinde verschafft. Einhellig herrscht bei Fans und Kritikern die Meinung vor, dass die Romane die Space Opera abseits sich ständig wiederholender Military-SF-Schlachtengemälde zu neuen, interessanten Ufern geführt haben.
Vorliegender Titel, der chronologisch als zweiter der kleinen Reihe von bislang fünf ins Deutsche übersetzten Romanen einzuordnen ist, beginnt zunächst ein wenig verhalten. Als Leser hatte ich es schwer, mit dem Erzähler, dem Klon, der selbst nicht recht weiß, wer er ist, wo er steht und wie er sich verhalten soll, warm zu werden. Seine Kameraden stehen ihm distanziert, ja misstrauisch gegenüber, seine Vorgesetzten versuchen über ihn dem Verräter näher zu kommen. So hatte ich ein wenig Probleme, in die Haut Jareds zu schlüpfen, gibt es anders als in „Krieg der Klone“ kaum Triumphe zu feiern. Es dauert ein wenig, bis wir zusammen mit Jared unseren Platz gesucht und gefunden haben, bis die Suche nach dem Verräter und der Hintergründe in Fahrt kommt.
In der zweiten Hälfte des Romans, nachdem unser Protagonist erste Erinnerungen wiedergefunden hat, ziehen das Tempo und die Faszination stark an. Baute der Autor bis dahin ein durchaus plausibles, detailreiches Grundgerüst der Klone, ihrer Verhaltensmuster und der Stellung der Menschen im All auf, so hat er nun die Bühne, auf der er die eigentliche Handlung ablaufen lassen kann. Und er nutzt diese Plattform. um wichtige Fragen zu stellen. Fragen nach der Selbstbestimmung des Individuums, nach Freiheit aber auch Verantwortung. Verklausuliert beschäftigt sich der Autor mit den Triebfeldern der Menschen, mit der Angst vor dem Tod und der Suche nach einem Lebensziel.
Das wirkt, gerade weil Scalzi das sehr geschickt anstellt, etwas sentimental, fast schon rührselig, zwingt den Leser aber auch, sich selbst zu hinterfragen und zu positionieren. Das Ende ist in sich stimmig, endlich einmal kein Happy End, so dass ich das Buch letztlich zufrieden und bereichert zugeschlagen habe.