Pandämonium (Comic)

Pandämonium
(Pandemonium)
Szenario: Christophe Bec
Zeichnungen: Stefano Raffaele
Cover: Olivier Peru
Übersetzung: Rossi Schreiber
Ehapa, 2012, Hardcover, 158 Seiten, 39,99 EUR, ISBN 978-3-7704-3544-9

Von Frank Drehmel

Das alte, mittlerweile leerstehende und verfallende Sanatorium von Waverly Hills, in dem seit dem frühen 20. Jahrhundert Tuberkulosekranke therapiert wurden, soll abgerissen werden. Die beiden Wachleute, die das riesige Gebäude nächtens vor Vandalismus schützen sollen, spüren die Geister der Vergangenheit, wenn sie durch die leeren Gänge und verfallenen Zellen und Zimmer patrouillieren.

Wir schreiben den Sommer 1951. Doris Greathouse, die selbst als Kind im Jahre 1934 wegen einer Tuberkulose in Waverly Hills behandelt wurde, bringt ihre kleine Tochter, Cora, bei der ebenfalls eine schwere, hochansteckende TB ausgebrochen ist, ins Sanatorium. Da sie sich die teure Behandlung von 5 Dollar pro Tag nicht leisten kann, bietet ihr Dr. Miller, der Leiter der Anstalt, die Möglichkeit, als Krankenschwester die Kosten zu verdienen. Die Freude über diese Angebot und das Glück, überhaupt einen Therapieplatz mit so hochkompetenten Ärzten gefunden zu haben, ist schon bald getrübt, denn Cora stellt immer öfter Fragen über eine tote Krankenschwester – Fanny Bell –, die sie zu sehen behauptet, sowie über das Zimmer 502.

Und nicht nur das: grauenhafte Visionen und die Kommunikation mit Toten, welche Cora warnen, lassen das Kind allmählich den Kontakt zu Realität verlieren, sodass sich Doris gezwungen sieht, einerseits ihre Tochter einer Psychotherapie bei einem gewissen Dr. Stadia zu unterziehen und andererseits selbst Nachforschungen über die Geschichte des Sanatoriums anzustellen. Es dauert nicht lange, bis die junge Frau herausfindet, dass die Mauern des Hauses und des alten, mehr oder weniger geheimen Eisenbahntunnels unter dem Gebäude und Grundstück, Furchtbares gesehen haben. Noch ahnt sie allerdings nicht, dass von skrupellosen Medizinern nach wie vor grausame Experimente an Patienten durchgeführt werden; und als sie es erkennt, könnte es zu spät sein, um Cora und sich zu retten, denn die Tuberkulose, die sie einst selbst hier verweilen ließ, ist zurück und schwächt sie. Doch es gibt eine kleine Hoffnung, denn nicht jeder des Personals ist ein Monster.

Über dreißig Einzel-Comics oder Serien, von denen aktuell mehr als zehn als noch nicht abgeschlossen betrachtet werden können, zeugen davon, dass der 1969 im französischen Rodez geborene Christophe Bec einer der umtriebigsten und vielbeschäftigsten Autoren des frankobelgischen Comics ist. Der Preis der damit einhergehenden erzählerischen Routine scheint ein Mangel an Originalität einer nicht unbeträchtlichen Zahl seiner Arbeiten zu sein, und bedauerlicherweise gehört „Pandämonium“ ebenfalls zu diesen Werken, die zwar routiniert und gefällig geschrieben sind, die den Leser jedoch kaum fesseln oder mitreißen.

Das typische Haunted-House-Szenario, das im vorliegenden Fall auf einem real-historischen und architektonischen Fundament ruht – das Waverly-Hills-Sanatorium existierte als Heilanstalt für Tuberkulose tatsächlich –, ist vor allem eins: typisch beziehungsweise klischeehaft! Verheißt der Prolog der Story noch Originalität und Atmosphäre, so ist damit ab dem Zeitpunkt Schluss, in dem Becs Geschichte in die Vergangenheit switched. Schon die geisterhafte Gestalt, die Cora bei ihrer Ankunft im Sanatorium am Fenster eines Turmes wahrnimmt, lässt in Hinblick auf Spannung Böses erahnen; und in der Tat reiht sich im Folgenden vorhersehbare Szene an vorhersehbare Szene, präsentiert Bec kaum etwas, das der Leser nicht schon aus einschlägigen Filmen und Romanen kennt, zum Teil möglicherweise auch deshalb, weil das Sanatorium mehrfach Element von Filmen und trashigen TV-Shows gewesen ist. Die banale, dramaturgisch auslutschte Handlung plätschert bis zum unweigerlichen Ende vor sich hin, unterbrochen lediglich durch eine Handvoll stimmiger, unheimlicher Momente, die aber zu wenige sind, als dass sie die Geschichte retten. Die schwachen, eindimensionalen Charaktere tragen ein Übriges dazu bei, dass der Comic vergessen ist, kaum dass man es aus der Hand gelegt hat.

Im Gegensatz zur Story weiß das Artwork zu überzeugen; zwar ist es auf den ersten Blick vergleichsweise licht und klar, was im Gegensatz zur Thematik zu stehen scheint, dennoch gelingt es in Verbindung mit der stimmungsvollen Koloration nicht zuletzt durch eine elegante, cineastisch anmutende und abwechslungsreiche Perspektivenwahl, ein ums andere Mal eine visuell unheimliche Atmosphäre zu schaffen

Fazit: Eine zwar routiniert geschriebene Story, die den Leser jedoch aufgrund der Vorhersehbarkeit, des Mangels an Originalität sowie dem Fehlen interessanter, vielschichtiger Charaktere allenfalls für einen Wimpernschlag unterhält. Das klare, lebhafte Artwork wiederum ist tadellos, vermag jedoch nicht die schwache Story aufzufangen.