Marvel Exklusiv 106: Die ersten X-Men (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 13. Januar 2014 21:06

Christos N. Gage
Die ersten X-Men
Marvel Exklusiv 106
(First X-Men 1-5, 2012/2013)
Aus dem Amerikanischen von Jörg Faßbender
Titelillustration von Neal Adams
Zeichnungen von Neal Adams, Matthew Wilson, Andrew Currie
Panini, 2013, Paperback, 116 Seiten, 14,99 (auch als Hardcover erhältlich, 25,00 EUR)
Von Irene Salzmann
Logan (Wolverine) wird von einem Bekannten gebeten, nach dessen Sohn Anthony zu suchen, denn der Teenager hat Probleme, die er vielleicht jemandem anvertrauen würde, der dasselbe durchmachte. Zwar kann Logan den Jungen finden, doch dieser zerbombt sich und die halbe Umgebung. Seine vermeintliche Leiche wird abtransportiert.
Daraufhin heuert Logan Creed (Sabretooth) an. Gemeinsam wollen sie der Angelegenheit auf den Grund gehen und junge Menschen beschützen, die sich durch eine besondere Gabe auszeichnen – bevor sie der Regierung in die Hände fallen und wie Logan und Creed für Experimente und als Killer missbraucht werden.
Es gelingt ihnen tatsächlich, den Feds zuvorzukommen und einige junge Mutanten um sich zu scharen. Als sie Bens (Yeti) Bruder befreien, ahnen sie nicht, dass dieser gegen seinen Willen zum Spion gemacht wurde – und das Verhängnis nimmt seinen Lauf…
Christos N. Gage („X-Men Legacy“, „Spider-Man“, „Red Sonja“ etc.) siedelt die Geschichte der „ersten X-Men“ in den Jahren vor der Gründung des Xavier-Instituts an. Das macht insofern Sinn, da es zweifellos schon immer Mutanten gegeben haben dürfte, die sich mal mehr, mal weniger haben verbergen können, lange bevor die X-Men zu einem Team formiert wurden. Logan alias Wolverine, dessen „Origin“-Story enthüllte, dass er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geboren wurde, kann als Beleg für diese Theorie gelten.
Zufällig wird er mit anderen Spezies des Homo Superiors konfrontiert und bemüht sich, diesen jungen Menschen das gleiche Schicksal zu ersparen, das er erleiden musste. Allerdings sieht sich Logan als Killer und nicht als Lehrer und Vorbild für die verwirrten Teenager, die sich ihm anschließen. Seine Versuche, Personen mit einzubeziehen, die dieser Rolle deutlich gerechter werden könnten – der noch junge Charles Xavier und der vom Holocaust traumatisierte Erik Lensherr (Magneto) –, scheitern, ebenso die Rekrutierung von Namor, der sein Gedächtnis verloren hat und sich bedroht glaubt.
Interessanterweise zeigt sich Creed, was selten genug geschieht, von einer ausgesprochen positiven Seite. Dies ist vor allem den Gefühlen zu verdanken, die er für die junge Holly (Holo) entwickelt. Plötzlich scheint selbst für jemanden wie ihn das Glück greifbar nahe. Eine Tragödie zerstört jedoch die hoffnungsvollen Träume der Beiden und legt den Grundstein für die bekannte Feindschaft zwischen Creed und Logan, die später etliche Opfer fordern wird, und das Weapon X-Programm. Das Drama bewirkt aber auch ein Umdenken bei Xavier und Lensherr, die begreifen, dass sie handeln müssen, um sich und andere Mutanten zu schützen. Während Xavier bekanntlich eine Schule gründet und sich für die Kooperation von Homo Sapiens und Homo Superior einsetzt, ruft Lensherr die Bruderschaft der (bösen) Mutanten ins Leben und sieht allein in der Dominanz der Mutanten eine Zukunft für seine Spezies.
Es ist nicht leicht, in eine bereits sehr ausgearbeitete Chronologie weitere Bausteine einzufügen, ohne dass es zu Widersprüchen kommt. So fragt man sich zum Beispiel, weshalb sich Xavier und Lensherr nie an diese (erste?) Begegnung mit Logan erinnert haben beziehungsweise andere Treffen als erstes Kennenlernen deklariert wurden. Natürlich, die Erklärung liegt auf der Hand, weil eben der vorliegende Fünfteiler sehr viel später als die übrigen Abenteuer geschrieben wurde. Als Erklärung kann man aber stets manipulierte Erinnerungen und so weiter gelten lassen (die ja gerade in Logans Fall einen wichtigen Aspekt seiner Charakterentwicklung darstellen).
Die Zeichnungen von Neal Adams („X-Men“, „Avengers“, „Green Arrow“ etc.) setzen die Story gelungen um. Sie sind lebhaft und dynamisch; seine Charaktere haben ausgewogene Proportionen und eine ausgeprägte Mimik.
Infolgedessen darf man den Band als eine optisch ansprechende und spannende Lektüre betrachten, durch die den „X-Men“ und ihrer Geschichte ein neues, sehr reizvolles Puzzlestück hinzugefügt wird. Da die Mini-Serie von Panini komplett vorgelegt wurde, haben auch Gelegenheitsleser keine Probleme, der Handlung zu folgen und werden rundum zufriedengestellt.