Sâr Dubnotal 3: Nihilisten und Vampire, Gerd Frank (Hrsg.) (Buch)

Sâr Dubnotal 3
Nihilisten und Vampire
Gerd Frank (Hrsg.)
Verlag Dieter von Reeken, 2013, Paperback, 412 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-940679-78-9

Von Carsten Kuhr

Zum nunmehr dritten Mal hebt sich der Vorhang zu der ursprünglich 1909 parallel zunächst in Frankreich (20 Hefte) und in Deutschland (9 Ausgaben) erschienen Romanheftserie. Wie der Herausgeber in seinen den Romanen beigegebenen Anhängen ausführt, erschienen weitere Ausgaben in Spanien (2 Hefte), Portugal (9 Hefte) sowie in Russland. In vorliegendem Band hat Gerd Frank nach langer Suche weitere sechs Hefte in Erstübersetzungen dem Leser zugänglich gemacht.

Wir kennen den großen Geisterbanner als Meister der Hypnose, als Asket und Okkultisten. Vorliegend nutzt er seine besonderen Gaben in nicht weniger als drei Abenteuern auf der Jagd nach einem fiesen Verräter der russischen Nihilisten. Die Anarchisten, die in ihrem Kampf gegen das verhasste Zarentum vor Attentaten nicht zurückschrecken, werden von einem polnischen Juden, Azzef genannt, angeführt. Dass dieser zugleich für die zaristische Geheimpolizei arbeitet, ahnen sie nicht. Immer wieder spielt er beiden Parteien gegeneinander aus, zieht persönliche Vorteile aus dem perfiden doppelten Verrat. Selbst mit hypnotischen Gaben gesegnet, findet er sowohl in St. Petersburg als auch in der sibirischen Taiga in Dubnotal seinen Meister.

Es folgt die Beschreibung eines perfiden Heiratsschwindlers, der versucht, sich mittels bescheidener hypnotischer Gaben die junge Tochter und deren Mitgift einer angesehenen britischen Familie zu sichern.

Der nächste Fall führt unseren Psychagogen auf den Friedhof. Eine vermeintliche Gruppe von Vampyren schändet dort die Gräber. Dass immer wieder ausgerechnet die letzten Ruhestätten geöffnet und geplündert werden, in denen die Überreste reicher Familien mit ihrem Lieblingsschmuck ruhen, verweist auf einen profanen Grund: Habgier statt übernatürliches Treiben.
Im letzten Beitrag trifft unser Psychagoge bei der Suche nach einer verschwundenen Adeligen auf einen Zirkusdirektor, der die stärkste Frau der Welt zu seinen Attraktionen zählt…

Wieder ist es Gerd Frank in unermüdlicher Suche gelungen, sechs der bislang fehlenden Hefte der französischen Ausgabe zu besorgen und in gewohnt versierter Manier ins Deutsche zu übertragen. Insbesondere die ersten drei, inhaltlich zusammenhängenden Romane halten hier Einiges für den Leser bereit. Nicht nur, dass der nach wie unbekannte Autor hier ein profundes Wissen um die Zustände kurz vor der Russischen Revolution offenbart, uns quasi aus der Innenansicht vom Kampf der Revoluzzer gegen die Geheimpolizei des Zaren berichtet, auch der zutage tretende Antisemitismus und die Willkür der Obrigkeit wird überzeugend portraitiert.

So phantastisch sich die Titel der restlichen Romane auch anhören – da geht es um Gespenster und Vampyre – fußen diese doch ganz in der Realität, finden sich weltliche Erklärungen und Verbrecher für die zunächst mysteriösen Taten.

Insgesamt gesehen, insbesondere wegen des zusammenhängenden Russland-Plots, ein tolles Buch, das sich heute, mehr als 100 Jahre nach der Erstveröffentlichung, erstaunlich flüssig und interessant liest.