Robin Benway: Die außergewöhnlichen Geheimnisse von April, May & June (Buch)

Robin Benway
Die außergewöhnlichen Geheimnisse von April, May & June
(The Extraordinary Secrets of April, May & June, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Franka Reinhart
cbj, 2013, Taschenbuch, 348 Seiten, 7,99 EUR, ISBN 978-3-570-40122-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Nach der Scheidung ihrer Eltern ziehen April (16), May (15) und June (14) mit der Mutter ins San Fernando Valley, während der Vater sich in Houston niederlässt. Sie vermissen ihr bisheriges Leben, die Freunde und einfach alles. April kompensiert dies, indem sie sich ins Lernen stürzt. May, die immer Papas Liebling war, leidet am meisten darunter, dass er die vereinbarten Besuche immer wieder absagt, und weidet sich an ihrer Loser-Rolle. June möchte beliebt und mit den it-Girlsbefreundet sein.

Plötzlich passiert etwas, das alles auf den Kopf stellt: April kann die Zukunft sehen, May sich unsichtbar machen und June Gedanken lesen. Jede von ihnen geht mit ihren Gaben anders um. April fühlt sich berufen, Unglücksfälle zu verhindern. May ist ständig auf der Hut, weil sie die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren befürchtet, verschwindet aber ganz gern, wenn sie sich zurückziehen möchte. June benutzt ihre Kraft, um Mariahs beste Freundin zu werden.

Diese Freundschaft scheint jedoch unter keinem guten Stern zu stehen. Allerdings sind Aprils Visionen unklar. Während sie die Verliebtheit ihres Mitschülers Julian, den sie an einem Unglücksort sah, benutzt und ihn abzulenken versucht, schickt sie May auf die fragliche Party, um June im Auge zu behalten. Dort entpuppt sich der ältere Schüler, der zugleich Mays Nachhilfelehrer ist, als Mariahs großer Bruder. Da er nicht ahnt, dass die unsichtbare May ihn hört, sagt er etwas, was sie schwer kränkt – der Anfang einer Katastrophe: denn danach reden die Schwestern nicht mehr miteinander. June klammert sich umso mehr an Mariah, May zieht sich nahezu gänzlich zurück, und nur April weiß, dass es noch nicht vorbei ist…

Robin Benway schreibt im Wechsel aus den Perspektiven der drei Schwestern, denen sie gelungen Individualität verleiht, indem sie ihnen eine eigene Sprache und damit Persönlichkeit gibt. Allerdings erwartet man, nachdem April eine große Gefahr erahnte, eine Art „Wir müssen die Welt retten“-Szenario, doch die Handlung bleibt auf das unmittelbare Umfeld der Geschwister beschränkt. Damit die Gaben nicht aus heiterem Himmel fallen – in Superhelden-Comics bewirkt die Pubertät oft den Ausbruch ungewöhnlicher Fähigkeiten –, wird der Scheidungsstress zum Auslöser der zeitgleich auftretenden Talente, die ihnen bereits in die Wiege gelegt – vererbt – und vergessen wurden.

Sehr schnell arrangieren sich die Mädchen damit und schaffen es spielend, das Geheimnis vor Außenstehenden zu bewahren. Allein die Nutzung unterscheidet sich: April setzt ihre Gabe relativ selbstlos ein, weil sie Angst um ihre Angehörigen hat. May und June genießen die Vorteile davon, sich unsichtbar machen beziehungsweise die Gedanken anderer lesen zu können.

Viel Dramatisches passiert eigentlich nicht, da die Unglücksfälle falsch interpretiert werden oder abgewendet werden können. Außerdem wird reichlich Zeit darauf verwandt, die Unterschiede zwischen den Charakteren herauszuarbeiten und sie schwesterlich herumzicken zu lassen. Das ist oft schon zu viel des Guten, vor allem wenn es um wesentliche Probleme geht, die ein Einlenken und Kooperation verlangen, was auch von 14 bis 16jährigen erbracht werden kann.

Der Mangel an Letzterem liefert schließlich den Ausschlag, den Titel als eher mäßig zu bewerten, denn die Schwestern haben nicht den Spruch „Mit großer Macht kommt große Verantwortung“ („Spider-Man“) verinnerlicht und handeln größtenteils egoistisch, gehen dem Leser mit ihren Querelen zunehmend auf die Nerven – und selbst als die Auflösung naht, wird es nicht wirklich spannend. Schade!

Von daher kann man das Buch eigentlich nur sehr jungen Leserinnen (12 bis 15 Jahre) empfehlen, die noch nicht viele Romane innerhalb dieses Genres gelesen haben und oberflächliche Fantasy-Comedys im „Charmed“-und „Buffy“-Stil mit noch etwas mehr Teenie-Genöle mögen.