Paul Alfred Müller: Falsche Mesonen (Buch)

Paul Alfred Müller
Falsche Mesonen
Verlag Dieter von Reeken, 2013, Paperback, 158 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-940679-77-2

Von Carsten Kuhr

Ende der 50er Jahre konnte PAM vier Romane an dem Borgsmüller Verlag verkaufen, die Anfang der 60er Jahre dort unter dem Pseudonym Werner Keyen erschienen. Das Manuskript eines fünften Keyen-Romans wurde jedoch vom Verlag abgelehnt und ruhte seitdem im Nachlass des Autors. Nachdem im letzten Jahr im Verlag SSI in Kooperation mit p.machinery der erste Kim-Roy-Roman erschien und die kleine Reihe um Roy von Ive Steen, dem alten Weggefährten Müllers, fortgesetzt wurde, legt Dieter von Reeken nun als Erstveröffentlichung eben jenen bislang unveröffentlichten Roman auf.

Wie wir dies von PAM kennen hält er wieder eine abenteuerliche Handlung für seine Leser bereit.

Wir lernen unsere Hauptperson, Vernon Kane, kennen, als er seinen Bruder, einen Forscher, zu Grabe trägt. Zusammen mit einem Kollegen, Dudley Walsh, arbeitete dieser an der Halbleitertechnologie und machte scheinbar eine wichtige, letztlich tödliche Entdeckung. Auch wenn Vernon vermutet, dass der einstige Weggefährte seine Bruders nicht ganz uneigennützig handelt und sich dessen Forschungsergebnisse unter den Nagel gerissen hat, kann er diesem doch nichts nachweisen. Als er Walsh zu sehr bedrängt, schaltet sich dessen Schwester ein und setzt Killer auf Vernons Spur. Schwerverletzt überlebt Vernon den Mordanschlag, schwört aber Rache.

Im Verlauf der nächsten Jahre baut er sich mit Hilfe harter Arbeit im Verborgenen ein Vermögen auf, kommt mit seinen Patentanträgen Walsh immer wieder zuvor. Damit nicht genug, versucht er, die Verantwortlichen für den Mordanschlag unnachgiebig zur Rechenschaft zu ziehen. Die Spuren führen dabei nach Afrika, wo sich ein skrupelloser Politiker zum Herrscher des ganzen Kontinents aufschwingen will. Erst als er seine alte Jugendliebe ausgerechnet als Kindermädchen bei Walsh wiederfindet, überdenkt er spät, vielleicht zu spät sein Handeln...

Dieter von Reeken weist in seinem Vorwort ebenso wie Heinz J. Galle in seinem Nachwort darauf hin, dass der Autor im Text teilweise sehr deutlich rassistische Anklänge verarbeitet. Die Farbigen werden über weite Strecken als minderwertig dargestellt, wobei PAM immer wieder versucht über Einschübe, dass auch bei der weißen Rasse schwarze Schafe vorkommen würden, seine entsprechenden Passagen zu entschärfen. Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, dass man bis heute das Manuskript letztlich nicht veröffentlichte.

Inhaltlich wartet eine Handlung auf den Leser, die entfernt an Dumas' „Der Graf von Monte Christo“ erinnert. Ein Mann entflieht dem ihm zugedachten ungerechten Schicksal und kommt zu Reichtum, einzig um seine Rache in die Tat umzusetzen – und verelendet dabei innerlich. Im Verlaufe des Buchs zeigt Müller dann sehr deutlich, dass obzwar die Rache gelingt, diese Vernon nicht glücklich(er) macht. Dabei fällt Müller immer wieder in bekannte und gern genutzte Klischees zurück. Anleihen nimmt er hierbei bei sich selbst („Sun Koh“ 79 bis 82), aber auch in der Realität. Ende der 50er Jahre wurden viele afrikanischen Kolonien in die Freiheit entlassen – mit den bekannten Folgen. Zwar thematisiert er hier auch heute noch geltende Missstände, etwa die Umleitung von Entwicklungshilfe zur Bereicherung der Herrscher-Clique, konzentriert sich aber letztlich auf die Darstellung menschlich-familiärer Dramen. Die Mensonenbombe als utopisch-phantastisches Element und die Schilderung des Rachefeldzugs dient hierbei nur als Vehikel um die seelische Kälte, die Vernon angesichts der Erfüllung seiner Rache überkommt, spannend und packend zu umschließen.

So liest sich der Text, lässt man die deutlichen rassistischen Ausführungen einmal außen vor, durchaus packend und kurzweilig, bietet zwar keinen PAM auf dem Höhepunkt seiner schöpferischen Kraft, ist aber als Zeitzeugnis interessant.