Adriana Lorusso: Das Gesetz von Ta-Shima (Buch)

Adriana Lorusso
Das Gesetz von Ta-Shima
(Ta-Shima, 2007)
Aus dem Französischen von Annerose Sieck
Bastei Lübbe, 2012, Paperback, 704 Seiten, 15,00 EUR, ISBN, 978-3-404-20678-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Petra Weddehage

Der Planet Ta-Shima ist eine raue, feindliche Welt. Die Bewohner sind in biologischer und intellektueller Hinsicht sehr verschieden und zeichnen sich durch zwei unterschiedliche Rassen aus: Die Shiro sind für das menschliche Auge sehr ansehnliche Wesen. Sie repräsentieren den Adel und werden streng erzogen. Für ihre Sache zu kämpfen und für die Ehre zu töten, ist ihr Bestreben.

Die Asix sind eine stämmige, widerstandsfähige Rasse, die den Shiro vertraut und ihnen grenzenlose Bewunderung schenkt. Die Shiro finden die Asix auch körperlich sehr attraktiv. Besucher der Föderation, von denen sich die Völker von Ta-Shima distanziert haben, verstehen deren Regeln und Gesetze nicht. Für sie sind die Asix nicht mehr als Sklaven, und so findet mancher Hals dieser Besucher schnell ein Messer. Wer sich an den Asix vergreift, ist des Todes, da die Shiro ihre Freunde vor allem Unbill beschützen.

Die junge Ärztin Suvaidar ist eine Shiro, die sich einst mit den Traditionen ihres Volkes überwarf. Sie kehrte ihrer Welt den Rücken und lebt nun auf einer der Föderationswelten. Eines Tages wird sie von einem ihrer Brüder aufgesucht. Ihre Mutter und ein weiterer Bruder sind einem Attentat zum Opfer gefallen. Die junge Frau kehrt nach Ta-Shima zurück. Hier kommt sie einem riesigem Geheimnis auf die Spur. Dies erklärt zum einen, warum ihre Familie sterben musste und zum anderen entdeckt sie eine Spur ihrer Vorfahren, die alles, was sie über ihre Gesellschaft zu wissen glaubte, über den Haufen wirft. Suvaidar muss sich entscheiden, ob sie den Traditionen ihres Volkes treu bleibt – oder ihnen endgültig den Rücken kehrt.

Die Autorin versetzt ihre Leser in eine lebensfeindliche Welt, dessen Völker in ihren Traditionen an mittelalterliche Völker erinnern. Die adeligen Shiro werden als große, dunkelhaarige, schöne Gestalten beschrieben, wie sie in einigen Mangas gerne gezeigt werden. Dazu sind diese Shiro einem harten Auswahlverfahren unterworfen, das nur die Besten überleben. Im Gegensatz dazu existieren die Asix. Sie sind freundlich und kümmern sich liebevoll um die Shiro. Sie gebären deren Kinder und bestellen die Felder – kurz und gut: Sie agieren als Elternersatz. Dafür lieben die Shiro ihre Asix über alles und werden auch gerne einmal mit ihnen intim. Dazu haben sie einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, wenn es darum geht, wie die Leute aus der Föderation diese Wesen behandeln. Die Menschen der Föderation haben auf dem wilden, ungezähmten Planeten nur dann eine Möglichkeit zu überleben, wenn sie sich den Gegebenheiten dort anpassen. Allerdings finden sich unter ihnen immer die ewig überheblichen Herrenmenschen. Diese meinen etwas Besseres zu sein als die Eingeborenen (Asix), die für sie arbeiten. Wer jedoch der lebensfeindlichen Planeten nicht den nötigen Respekt entgegenbringt, ist schnell zum Tode verurteilt.

Diese drei Parteien versuchen miteinander auszukommen. Allerdings liegt den Shiro nicht viel an dem Kontakt mit den Außenweltlern; sie dulden sie nur und verheimlichen eifersüchtig alles, was ihrer Zivilisation schaden könnte. Die junge Ärztin und ihr Bruder müssen verborgene Geheimnisse aufdecken und geraten dabei mehr als einmal in Lebensgefahr. Des Rätsels Lösung wird mit Rückblenden und vielen weiteren Mysterien gespickt. Trotzdem gelingt es Adriana Lorusso, den roten Faden nicht zu verlieren und die Leser bei der Stange zu halten.

Ein Glossar erweist sich als sehr hilfreich, um die verschiedenen Begriffe zu verstehen und so das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren.

Wer gewaltige Weltraumschlachten erwartet, sollte sich lieber anderen Titeln zuwenden. SF-Fans die einen interessanten Kriminalfall auf einem lebensfeindlichen Planeten lösen möchten, der zudem von zwei Völkern beherrscht wird, die unterschiedlicher nicht sein könnten, bekommen einen inhaltlich raffinierten Megaband mit über 700 Seiten geboten, der sich sehr subtil der Auflösung des Rätsels nähert.