George R. R. Martin: Planetenwanderer (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 26. Juni 2013 09:23
George R. R. Martin
Planetenwanderer
(Tuf Voyaging, 1986)
Deutsche Übersetzung von Berit Neumann
Heyne, 2013, Paperback, 512 Seiten. 14,99 EUR, ISBN 978-3-453-31494-8 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Gut zwanzig Jahre ist es jetzt her, dass ich „Tuf Voyaging“ das erste Mal gelesen habe. Nachdem der Roman wie eigentlich vorgesehen in der gediegenen Werksausgabe bei FanPro leider nicht mehr erscheinen konnte, legt nun der Heyne Verlag das Buch in seiner Science-Fiction-Reihe vor.Heutzutage reduziert sich in der Vorstellung der Fans der Name Martin als Autor der angesagten Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“, die sowohl im TV als auch im Buch Triumphe feiert.
Schon lange bevor Martin sich den Schwert schwingenden Recken und intriganten Adeligen zuwandte, hat er als SF-Autor brilliert. Sein „Die Flamme erlischt“ wurde allseits gelobt, mit „Armageddon-Rock“ verfasste er den ultimativen SF-Rock-Roman, seine Kooperation mit Lisa Tuttle in „Windhaven“ bot faszinierendes Lesegarn und sein etwas anderer Vampir-Roman „Fiebertraum / Dead Man River“ setzte Maßstäbe. Nun also steht alten wie jungen Lesern erstmals komplett in einem Band vereint in einer Neuübersetzung die Bekanntschaft von Haviland Tuf bevor.
Gut 2 Meter 50 ragt er bleichgesichtig empor, schiebt einen ausladenden Bauch vor sich her und spricht in gestelzten Sätzen. Als Händler zwischen den Sternen war er nicht besonders erfolgreich, doch dann wendet sich sein Schicksal. Eigentlich wurde er nur angeheuert, eine Gruppe Abenteurer und Schatzsucher in eine entlegene Region des Weltalls zu schippern. Dort soll gerüchteweise ein letztes der Saatschiffe der untergegangenen ökologischen Ingenieure des ÖIK im All treiben und auf neue Besitzer warten. Nachdem sich seine Auftraggeber gegenseitig aus dem Weg geschafft haben, besetzt Haviland Tuf die Arche und macht sich, begleitet nur von seinen Katzen, auf, das All zu erkunden und den Menschen mit seinen Mitteln zur Seite zu stehen. Seine Preise sind dabei nicht unbedingt billig, doch mit den Klonmaschinen, der Zellbibliothek und der Fähigkeit, ganze Welten mittels biologischen Waffen zu vernichten, findet er schnell Auftraggeber. Dass er dabei ein ums andere Mal die despotischen Herrscher vorführt und zwingt, ihre Eroberungspläne ad acta zu legen, zeigt, dass er von der Macht in seinen Händen noch nicht gänzlich korrumpiert wurde.
Begleiten sie Haviland Tuf also auf seinem Weg durchs All, wenn er hungernden Planeten Mana bringt, zwischen Menschen und fremden Rassen, die sich gegenseitig mittels biologischer Kriegführung auszulöschen drohen vermittelt, oder einem Planeten, auf dem sich alles um die Zucht und den Kampf von wilden Tieren dreht, aufs rechte Gleis zurückführt – wenn auch nicht eben ohne gewissen Druck…
Was kann man, was kann ich, zu diesem Episoden-Roman sagen? In den sieben Novellen, die alle in diversen, kaum noch erhältlichen Anthologien verteilt bereits hierzulande erschienen sind, beweist Martin erneut, was für ein toller Erzähler er ist. Interessante, vielschichtige Figuren gesellen sich zu fabelhaft beschrieben fremden Planeten und Kulturen, Ideen reihen sich an überraschende Auflösungen von Konflikten und dies alles, ohne dass viel gekämpft oder gestorben wird. Mit Gehirnschmalz agieren Autor und Protagonist, verzaubern den Leser mit so nie gelesenen Schauplätzen und einer intelligenten, kurzweiligen und immer überraschenden Handlung. So sollte Science Fiction idealerweise sein, hier war ein Meister seines Fachs am Werk und es ist nur schade, dass Martin sich, verständlicherweise ob des großen Erfolgs, inzwischen ausschließlich auf seine Fantasy-Reihe konzentriert und leider keine weitere SF publiziert.
Fazit: Ein tolles Buch, ein Buch das aufzeigt wie faszinierend SF sein kann, ein intelligentes und letztlich ein sehr humanistisches Buch.