Bryan Smith: Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt (Buch)

Bryan Smith
Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
(Rock And Roll Reform School Zombies)
Festa Extrem 2
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Alexander Rösch
Titelillustration von Dirk Baumert
Festa, 2013, Taschenbuch, 192 Seiten, 12,80 EUR (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Mehr als die Hälfte der 80er Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen. Nach wie vor sitzt ein alternder, nicht allzu talentierter Ex-Schauspieler im weißen Haus, und Eltern in allen Staaten der USA sehen im unbändigen Rock’n’Roll eine satanische Versuchung ihrer Sprösslinge. Um diese auf den rechten Pfad der Tugend zurückzugeleiten, werden die Teenager in die „Musikalische Umerziehungsanstalt Southern Illinois“ (MUSI) geschickt, in der sie Zucht und Ordnung lernen, sowie mittels drakonische Strafen zu angepassten Jünglingen mit einer Perspektive im Leben geformt werden sollen.

Wer nicht pariert, der wird körperlich gezüchtigt, wird in Dunkelhaft gehalten oder muss hungern. Dass die allseits angesehene und als streng gottesfürchtig bekannte Leiterin der Anstalt, Miss Sybil Huffington, insgeheim eine perverse Lesbe ist, die bei extrem sadistischen Folterungen zum Höhepunkt kommt, weiß außer dem Gärtner niemand.

Alles fing damit an, dass sie im Überschwung des Orgasmus´ zwei Nutten zu Tode stranguliert hat. Dann mussten zwei der im MUSI einsitzenden Mädchen ihr zu Willen sein, bis sie auch bei diesen ihre Beherrschung verlor. Der Gärtner hat ja schon Übung darin, die Leichen der Geschändeten im nahen Wald zu verbuddeln. Und dass einer der Lehrer, selbst ein verklemmter Despot, der eine der Schülerinnen im Eifer seiner missionarischen Bemühungen brutal vergewaltigt hat, sie eines Nachts in flagranti überrascht hat, lässt sich auch aus der Welt bringen. 2000 Dollar und einen schnellen Blowjob im nächtlichen Schulflur, schon ist der Wachmann und Ex-Knacki bereit, sich des ungeschickten Mitwissers anzunehmen.

Während sich zwei Freunde aufmachen, ihre im MUSI gefangengesetzte Freundin zu befreien, geht ein Meteor in der Nähe nieder. Und dann wird die Sache so richtig interessant, erheben sich die Toten doch aus den Gräbern und dürsten nach Fleisch – die Zombies sind los im MUSI, und sie haben großen Hunger. Die wandelnden Toten lassen sich, wie in den schlechten Slasher-Filmen, die freitags spät abends laufen, nur durch einen Schuss in den Kopf endgültig erledigen. Dass dabei so manche alte Rechnung beglichen wird, dass es unschön zugeht, dass Blut und Gehirn spitzt, nimmt unsere Horrorfilm-Gestählten weniger mit, als dass sie drohen, den Kampf gegen die Untoten, denen sich auch die Schulleiterin angeschlossen hat, zu verlieren. Erschwerend kommt hinzu, dass Miss Huffington auch als Zombie immer noch ihren perversen Neigungen frönt…

Festa Extrem – das Signet, unter dem die nicht jugendfreien Bücher, die nur beim Verlag selbst erhältlich sind, erscheinen, ist Programm.

Nun kennen wir Bryan Smith aus seinen bisherigen, bei Festa erschienenen Romanen schon als Autor, der gerne provoziert. Geschickt kombiniert er dabei die Beschreibung des oft erzwungenen, gewaltsamen und perversen Aktes mit der Heimsuchung einer abgelegenen Gegend durch das Böse.

Vorliegender Kurzroman – der Satzspiegel ist augenfreundlich groß geraten – bietet im Grunde genommen nichts anderes an. Ganz anders als Lees „Das Schwein“, das als Auftakt der Reihe erschien, wird der Geschlechtsverkehr vorliegend nicht einmal besonders deutlich herausgestellt oder beschrieben. Allenfalls die vielen unreflektierten Tötungen der wandelnden Leichen könnte hier vielleicht als „jugendgefährdend“ eingeordnet werden. Da erschienen im „normalen“ Programm des Verlages schon deutlich härtere Titel.

Doch kommen wird zu eben dem, dem Roman selbst. Geschickt, wenn auch nur skizzenhaft, baut der Autor das Feeling der 80er Jahre auf. Es ist eine Zeit, in der die Jugend vornehmlich über ihrem Musikgeschmack gegen ihre Eltern rebelliert. Während diese ihr angepasstes Luxusleben zwischen Waschmaschine und Fernseher verbringen, wollen die jungen Menschen es ihren stromlinienförmigen Eltern zeigen. Laute, wilde Musik, der Rock’n’Roll, Hardrock, Punk und Heavy Metal werden zum Sinnbild einer relativ gewaltfreien Rebellion der heranwachsenden Generation gegen das Establishment. Dass eben jenes mit allen Mitteln versucht, ihre Zöglinge auf Reihe zu trimmen, zu jüngeren Kopien ihrer selbst zu machen, befeuert den Konflikt weiter. Vor dieser realen Kulisse ist eine Besserungsanstalt wie das MUSI durchaus vorstellbar, zumal die bibeltreuen Evangelisten der USA hier bereits als Betonköpfe bekannt und gefürchtet sind – Schallplattenverbrennungen der Botschaften des Teufels waren damals an der Tagesordnung.

Das alleine hätte für einen faszinierenden, das Lebensgefühl der damaligen Generation ins Zentrum stellenden Roman gereicht. Angereichert hat Smith dies dann noch mit seiner ganz eigenen Referenz an zu dieser Zeit wie Pilze aus dem Boden schießenden Zombiefilme. Natürlich reflektiert er dabei nicht über das Geschehen, sind die Personen überzeichnet, die Handlung in sich unlogisch – doch das gilt für alle Zombiefilme und -bücher schlechthin.

Vorliegend hat Smith es verstanden, das Gefühl des Aufbegehrens gegen Obrigkeiten mit einer blutgetränkten Zombiehandlung zu kombinieren, unterhält rasant und abwechslungsreich, ohne dass er in Perversitäten abrutschen würde.