Victoria Frances: Favole (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 26. Januar 2013 12:42
Victoria Frances
Favole
(Favole, Book 1,2 & 3, Angel Wings, 2000-2008)
Übersetzung von Sybille Schellhammer
Cross Cult, 2012, Hardcover, 246 Seiten, 39,80 EUR, ISBN 978-3-86428-060-6
Von Christel Scheja
Victoria Frances gehört seit gut zehn Jahren zu den unangefochtenen Stars unter den Künstlern, die sich der Dark Fantasy und Gothic verschrieben haben. Ihre Werke sind auch im Mainstream sehr beliebt, heben sie doch die Schönheit des Dunklen hervor und sind nur selten hässlich. Im letzten Jahrzehnt erschienen bei Norma Edition drei kleinformatige Bildbände und ein Heft im Comicformat. Diese werden nun in einer ganz besonderen Edition zusammengefasst, die im Herbst 2012 bei Crosscult erschienen ist. „Favole“ gibt es auch in einer limitierten, signierten Gesamtausgabe.
Verbindendes Element der Bände ist Favole eine ebenso schöne, wie rätselhafte Frau, ein von innerer Unruhe getriebener Vampirgeist, der auf der Suche nach etwas ist, was nur sie verstehen kann. Auf ihrer Reise durch die dunklen Orte dieser Welt – alte Friedhöfe mit bizarren Monumenten an denen bereits der Zahn der Zeit nagt, zerfallende Gärten und Wälder nahe ebenso verlassener Herrenhäuser und in den schattigen Gassen magischer Städte, die dunkle Geschichten atmen wie Venedig, begegnet sie Gestalten, die nicht minder fremdartig sind wie sie. Hesekiel ist ein ebenso stattlicher wie melancholischer Vampir, ganz anders als der andere Blutsauger, der sich ganz seinem Durst ergeben hat. Favole besucht Klagegeister, tröstet auf ihre Weise gebrochene Frauen und verlorene Seelen, setzt sich mit Wassergeistern und anderen Wesen der Anderswelt auseinander und wird auch für einen Jungen zum Licht der Hoffnung in einer schattenhaften Welt. Engel sind geheimnisvolle Wesen – meist gefallen und auf der Suche nach etwas, was sie nicht mehr fassen können, selten Wächter und Warner, die das Dunkle fernhalten. Ihrem Andenken wird vor allem in „Angel Wings“ gehuldigt.
„Favole“ beinhaltet keine fortlaufende Geschichte , eher eine Sammlung von Szenen, bei denen man das Gefühl nicht los wird, dass sie um die Bilder herum geschrieben wurden und quasi die Ideen vereinen, die die Künstlerin dabei gehabt haben mag. So geht es nicht darum, Geheimnisse zu enthüllen oder Spannung zu erzeugen, die Texte dienen vor allem dazu, um die Stimmung zu vertiefen und im Zusammenhang mit den Illustrationen und Gemälden zu wirken. Für sich alleine können die kurzen Geschichten allerdings nicht stehen.
Ausgefertigte Bilder stehen gleichberechtigt neben einfachen Skizzen, so dass die Seiten unruhig und unausgewogen wirken, was aber auch positive Auswirkungen hat – der Betrachter langweilt sich nicht, bekommt er so doch die ganze Bandbreite von Victoria Frances’ Schaffen zu sehen und ermüdet nicht so schnell. Die Künstlerin macht überwiegend gefällige Bilder, Männer und Frauen sind schön, selbst Tote wirken eher ätherisch als dem Zerfall preisgegeben, Nur selten zeigt sie auch die schmutzigen und ekelhaften Momente des Zerfalls, aber diese Zeichnungen sind eher selten.
Wer die alten Ausgaben besitzt, wird zudem feststellen, dass einige Stellen bearbeitet und teilweise sogar durch neue Szenen ergänzt wurden. Das und die Tatsache, dass auch „Angel Wings“, sowie eine ausführliche Sektion mit Konzeptzeichnungen, Skizzen und anderen Werken, unter einem Buchdeckel zu finden sind, ist ein Pluspunkt für den Erwerb dieser Ausgabe, die in einem edlen Schuber und noch schöner aufgemachten Hardcover mit Metall-Prägedruck präsentiert wird. Negativ fällt nur auf, dass diesmal kein Hochglanzpapier gewählt wurde, sondern ein eher mattes, durch das die dunklen Bilder blass wirken und die Farben nicht so gut herauskommen. Gerade erstere verlieren dadurch einiges von ihrer Stimmung.
Alles in allem ist die „Favole“-Gesamtausgabe doch ein schönes Schnäppchen für alle, denen die Illustrationen und Bilder von Victoria Frances gefallen. Selbst wenn man die Einzelbände schon besitzt, ist der Erwerb zu überlegen, da es immerhin einiges an neuem Material gibt. Allein das eher matte Papier auf dem die Bilder gedruckt wurden, ist ein ernsthafter Kritikpunkt.