Kim Harrington: Ich sehe dein Geheimnis (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 07. Januar 2013 23:28
Kim Harrington
Ich sehe dein Geheimnis
Clarity 1
(Clarity, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Stephanie Singh
Titelgestaltung von init. Büro für Gestaltung unter Verwendung von Motiven von Trevillion Images/Ilona Wellmann
cbt, 2012, Taschenbuch, 302 Seiten, 7,99 EUR, ISBN 978-3-570-30791-5 (auch als eBook erhältlich)
Von Irene Salzmann
Clarity Fern ist 16 Jahre alt und kann, wenn sie Gegenstände berührt, sehen, was in der Vergangenheit geschehen ist. Ihr zwei Jahre älterer Bruder Perry ist fähig, mit den Geistern Verstorbener zu kommunizieren. Starla, die Mutter der beiden, vermag Gedanken zu lesen. Das Familieneinkommen bestreiten sie gemeinsam durch Wahrsagen.
Unverhofft wird Clarity in die polizeilichen Ermittlungen mit einbezogen, als in Cape Cod eine Touristin, die nur wenig älter als sie ist, ermordet aufgefunden wird. Eingefädelt wurde dies von Justin Spellman, Claritys Ex, der an ihre Gabe glaubt und auf diese Weise seinem Vater beistehen möchte, der als Bürgermeister schnell Resultate vorweisen muss, um im anstehenden Wahlkampf eine Chance zu haben. Clarity ist alles andere als begeistert darüber, dass sie Justin nun wieder öfter sehen wird. Auch die anfängliche Freude, dass sie Gabriel Toscano, den attraktiven Sohn des neuen Kommissars und Hilfspolizist, unterstützen soll, ist nicht von Dauer, da dieser nicht bloß an Claritys Kräften zweifelt, sondern Menschen wie sie als geldgierige Scharlatane verachtet. Es kommt aber noch schlimmer, denn Clarity erfährt, dass Perry die Nacht mit der Toten verbracht hat, und wenig später ist er verschwunden. Sie kann nicht glauben, dass er der Mörder ist und beginnt verzweifelt, nach Beweisen für seine Unschuld zu suchen. Kurz darauf gibt es zwei weitere Opfer, und Clarity entdeckt, dass Gabriel ein Tattoo mit dem Namen der Toten besitzt…
Man fühlt sich bei der Lektüre durchaus ein wenig an Alfred Hitchcocks „Familiengrab“ erinnert: Einige junge Leute versuchen, teils durch übersinnliche Fähigkeiten, mehr aber noch durch Recherche, den Mord an einer jungen Frau aufzuklären. Anders als im Film, der sich als Thriller versteht und das Mystery-Element wohldosiert und mit einem Augenzwinkern nutzt, um der Handlung einen ganz eigenen Charme zu verleihen, verwendet die Autorin die Gaben der Ferns regelmäßig als Hilfsmittel, um die Handlung im Fluss zu halten und sie kontinuierlich auf die Lösung zuzutreiben. Dank einiger unerwarteter Wendungen entwickeln sich die Geschehnisse nicht ganz so vorhersehbar, wie man zunächst glauben möchte. Nicht alles ist so, wie es auf den ersten Blick hin scheint, und auf manche Frage erhält man eine völlig andere Antwort, als erwartet. Allein dem leseerfahrenen Publikum mögen manche Hinweise zu offensichtlich und scheinbare Nebensächlichkeiten nicht nebensächlich genug sein, so dass sie nach einiger Zeit die komplizierten Zusammenhänge zu erahnen beginnen.
Die Krimi-Handlung steht im Vordergrund, und die Protagonisten erfüllen ihre Rollen: Clarity und ihre Freunde sind sympathisch und engagiert, Konflikte zwischen ihnen lösen sich schließlich in Wohlgefallen auf, ihre Gegenspieler bekommen mehr oder weniger, was sie verdienen. Dabei bleibt die Dreiecksbeziehung Clarity-Justin-Gabriel im Hintergrund und wird, nachdem einige Andeutungen die Weichen stellten, im nächsten Band (USA: „Perception“) zusammen mit einem weiteren Fall erneut aufgegriffen.
Leserinnen ab 13 Jahre, die Mystery-Thriller und komplizierte Romanzen schätzen, werden von „Ich sehe dein Geheimnis“ spannend und amüsant unterhalten, so dass sie gewiss auch nach der Fortsetzung greifen werden.