Nina Blazon: Ascheherz (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 25. August 2012 09:51
Nina Balzon
Ascheherz
cbt, 2011, Hardcover, 542 Seiten, 18,99 EUR, ISBN 978-3-570-16065-7 (auch als eBook erhältlich)
Von Irene Salzmann
Summer gehört einer Schaustellertruppe an. Die Auftritte bereiten ihr großes Vergnügen – bis die Gestalt aus ihren Albträumen, der Blutmann, sie findet und Jagd auf sie macht. Mit viel Glück und der Hilfe des attraktiven Anzej gelingt ihr die Flucht. Der Verfolger bleibt ihr jedoch auf den Fersen, so ass sich Summer notgedrungen Anzejs Wunsch fügt, ihn in die Nordlande zu begleiten, wo gerade ein Krieg zwischen den Verteidigern der südlichen Länder und den Truppen der geheimnisvollen Lady Mar tobt.
Da Anzej nicht mit offenen Karten spielte, läuft Summer ihm davon. Sie plant, sich auf die Seite von Lord Tereme zu stellen, wird jedoch von den Feinden gefasst und ausgerechnet vom Blutmann gerettet und gefangengenommen. Zwischen ihm und Summer beginnt ein bizarres Katz-und-Maus-Spiel, da er sie kennt, Summers Erinnerung aber nur wenige Monate zurückreicht. Was hat sie ihm angetan, dass er sie seit zwei Jahrhunderten sucht, um Rache zu nehmen und zurück zu bekommen, was sie ihm nahm?
Einige Antworten erhält sie von Lady Mar und den Zorya, die Summer und den Blutmann in die Zitadelle bringen. Aber das Mädchen muss all ihre Erinnerungen zurückerlangen, um das Rätsel zu lösen, was mit ihr und dem Blutmann geschehen, wer ihr Feind und wer ihre wahre Liebe ist. Allerdings muss sie sich zwischen ihrem persönliches Glück und dem Schicksal der Zorya, denen der Untergang droht, entscheiden…
Obwohl es Nina Blazon gelingt, das Grundthema sehr zu verfremden, erkennt man doch den Quell ihrer Inspiration: die Sage von der Walküre Brünhild, die gegen Odins Gebot verstieß und darum mit dem Schlafdorn gestochen wurde, so dass sie ruhte, bis Siegfried sie weckte und sie sich in ihn verliebte. Den Platz von Odin hat Lady Mar inne, die Zorya sind die Walküren, Summer verkörpert Brünhild, die wegen eines Mannes – hier: der geheimnisvolle Indigo – Odin betrog und viele Jahre verschlief, bis sie ohne Erinnerung erwacht und versucht, ein Leben als Mensch zu führen. Das Auftauchen des Blutmanns, der sich Beloved nennt, aber nicht der Rolle Siegfrieds folgt, weckt nach und nach Erinnerungen. Lange rätselt Summer, ob Beloved und Indigo ein und dieselbe Person sind, wer ihr ein schreckliches Leid zufügte und wem sie ebenfalls Schlimmes antat.
Die Puzzleteile fallen schließlich an die richtigen Stellen und werden, nachdem Summer ihre Wahl zwischen Liebe und dem Überleben der Zorya traf, auch noch einmal ausführlich aufgeschlüsselt, damit wirklich alle Fragen eine Antwort erhalten. Das Ende überrascht – und auch nicht, denn man hegte gewisse Erwartungen, die auf nicht ganz vorhersehbare Weise erfüllt werden. Das Buch liest sich etwas langatmig, da sehr viele Fluchtszenarien, Streitigkeiten, Liebeleien und scheinbar nebensächliches Geplänkel, das erst später einen Sinn ergibt, den Plot bestimmen. Trotzdem ist es nicht langweilig, da die Wendungen überraschen können. Allerdings wird auch von deus ex machina gern Gebrauch gemacht, denn ohne Beljén, Tellus, Dajee etc. hätte die Handlung so nicht funktioniert.
Trotzdem hat es Nina Blazon geschafft, ein relativ ungewöhnliches Fantasy-Abenteuer zu schreiben, in dem es um Menschlichkeit, Freundschaft und Liebe, Richtig und Falsch geht, was vor allem an dem Ambiente liegt, das teils wie Endzeit-SF, dann wieder wie Parallelwelt-Fantasy mit Steampunk-Touch anmutet. Leserinnen und Leser ab 15 Jahre, die über Harry Potter, „Twilight“ & Co. hinaus sind, sollten einen Blick riskieren. Die Lektüre könnte vielleicht den Nerv treffen.