Valerian & Veronique Gesamtausgabe 1 (Comic)
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 31. Mai 2012 22:19
Valerian & Veronique Gesamtausgabe 1
(Valérian et Laureline – L’intégrale, Volume 1, 2007)
Story: Pierre Christin
Zeichnungen: Jean-Claude Mézières
Aus dem Französischen von Peter Müller, Marcel Le Comte, Wiebke Besson
Mit einem Vorwort von Stan Barets
Carlsen, 2011, Hardcover, 160 Seiten, 29,95 EUR, ISBN 978-3-551-025550-0
Von Irene Salzmann
Das erste Abenteuer von Valerian und Veronique erschien 1967 in dem Magazin „Pilote“, in einer Zeit, als überwiegend Funnies oder Krimis und kaum phantastische Comics produziert wurden. Das interessante Vorwort von Stan Baret verrät Näheres und weist – das ist besonders reizvoll! – auf Anspielungen hin, beispielsweise auf Jerry Lewis als der verrückte Professor, oder auf Motive, die später andere Künstler inspirierten, wie ein Gewand, das Veronique trägt und das für eines von Leia Organa in „Star Wars“ die Vorlage lieferte. Der erste Band der Gesamtausgabe wartet mit den drei ersten Episoden um die Titel gebenden Raum-Zeit-Agenten auf.
In „Schlechte Träume“ wird Valerian ins Mittelalter geschickt, um Kombul, einen Zeitreisenden, gefangenzunehmen, der sich mit Hilfe von Magie zum Herrscher der Erde der Gegenwart (man schreibt das Jahr 2720) machen will. Als Valerian in Schwierigkeiten gerät, wird er von einem jungen Mädchen gerettet. Veronique hilft ihm auch, das Versteck des Flüchtigen zu finden, doch der Magie haben beide wenig entgegenzusetzen. Valerian landet in einem Käfig, und Veronique wird in ein Einhorn verwandelt.
Nachdem Kombul geschnappt werden konnte, flieht er erneut, diesmal ins Jahr 1986 in „Die Stadt der tosenden Wasser“. Wenig ist über jene Ära bekannt, und Valerian weiß nicht, was ihn am Ziel erwartet. Zum Glück folgt ihm Veronique wenig später und hilft ihm, seinen Häschern zu entkommen. Gemeinsam suchen sie in einem Amerika, das von Katastrophen heimgesucht wird und dem Untergang geweiht ist, nach Verbündeten, um Kombul, der immer noch nach Macht strebt und die Zeit verändern will, zu stoppen.
„Im Reich der tausend Planeten“ stoßen Valerian und Veronique auf die sogenannten Kundigen, deren Ziel es ist, die Erde zu erobern. Aber wer sind die Kundigen? Niemand weiß es. Ihre Macht ist so groß, dass sich die Adligen, die ein luxuriöses Leben führen, ihren Befehlen fügen, während das Volk unter Armut leidet. In einigen Händlern, die diese Zustände ändern wollen, finden die beiden Agenten treue Verbündete.
Man merkt nicht nur an den etwas einfachen Zeichnungen sondern auch an der geradlinig aufgebauten, actionbetonten Handlung, dass „Valerian & Veronique“ ein typisches Kinder der 60er Jahre ist: Die Hauptfiguren sind schlicht aufgebaut und verkörpern Archetypen, die entweder gut oder böse sind, Geschehnisse und Motive der Akteure werden nicht hinterfragt, die Geschichte folgt bestimmten Schemata (Gefangennahme, Befreiung, das Finden von Verbündeten, neuerliches Problem, rettende Idee, Happy End), Technik und Magie bieten stets die Lösung. Mit zeitgenössischen SF-Serien sollte man die Reihe nicht vergleichen – nur mit Titeln, die etwa zur gleichen Zeit auf den Markt kamen wie zum Beispiel „Luc Orient“ oder „Trigan“. Ihnen allen ist gemein, dass die Hauptfigur ein Überheld ist, der zeitweilig von einem Heldenbegleiter unterstützt wird oder/und eine hübsche Frau an der Seite hat, die er regelmäßig retten darf. Erfreulicherweise bedient „Valerian & Veronique“ das letztere Klischee weniger, denn das rothaarige Mädchen, das sich schnell dem Leben in der fernen Zukunft anpasste, greift aktiv ein und erweist sich öfters für ihren Partner als rettender Engel. Leider bleibt unklar, warum sie ihm, dem Fremden, in ihrem ersten Abenteuer geholfen hat. Auch andere bieten mitunter selbstlos ihre Unterstützung an; für einen Beweggrund (die Aussicht auf Wissen und Macht, die Vertreibung einer ungerechten Herrscherschicht) wird erst später gesorgt. Die Ziele der Gegenspieler sind schlicht: Sie wollen erobern und die Macht an sich reißen, ohne Rücksicht auf die Opfer oder den Sinn dieses Unterfangens infrage zu stellen. Das trifft auf den Zeitreisenden Kombul genauso zu wie auf die Banden, die eine untergehende Stadt plündern, obwohl ihnen die ganzen Reichtümer nirgends mehr von Nutzen sind, was einigen von ihnen erst nach einer Weile klar wird.
Die ferne Zukunft – die Gegenwart für die Titelhelden – ist wenig konkret, so dass viel Raum bleibt für künftige Geschichten. Die Menschheit genießt den Müßiggang und schöne Träume, da Maschinen die Arbeit für sie erledigen und notwendige Rohstoffe auf fernen Welten zu finden sind. Die einzigen Personen, die aktiv sind, sind eine Art Regierung und die Raum-Zeit-Agenten. Dass die Erde noch nicht von Aliens überrannt wurde, hat sie dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass die Menschen bislang keinen anderen Intelligenzen mit Raum-Zeit-Technologie begegnet sind.
Nun, aus heutiger Sicht könnte man allerlei Kritik am Plot, dem Charakterdesign und den Illustrationen üben, aber das wäre nicht richtig bei einer Serie, die fast fünfzig Jahre alt ist und sich in der Folgezeit deutlich weiter entwickelt hat. Nicht zu vergessen, dass auch „Asterix“, „Lucky Luke“ und andere anfangs anders aussahen und verschiedene Entwicklungsphasen durchliefen.
„Valerian & Veronique“ sollten reife, nostalgische Leser, die die Serie vielleicht noch von früher kennen oder die grundsätzlich an den Comics des vergangenen Jahrhunderts interessiert sind, einfach genießen, sich an den Anspielungen und Vorlagen erfreuen – und an einer SF-Story, die actionreich und phantastisch ist.