Rick Yancey: Der Monstrumologe (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 30. Mai 2012 10:25
Rick Yancey
Der Monstrumologe
(The Monstrumologist, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Axel Franken
Titelillustration: Iacopo Bruno
Illustrationen: Jürgen Speh
Bastei Lübbe, 2012, Taschenbuch, 412 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-404-20667-4 (auch als eBook erhältlich)
Von Gunther Barnewald
In der Habe eines gerade verstorbenen Bewohners eines Altenheims werden 2007 Aufzeichnungen entdeckt, in welchen der Verstorbene namens Will Henry behauptet über 100 Jahre alt gewesen zu sein. Diese fallen dem Autor Rick Yancey in die Hände, der die hier erzählte Geschichte dermaßen interessant findet, dass er deren ersten Teil als Buch veröffentlichen lässt (weitere Aufzeichnungen sollen folgen).
Als 12jähriger Junge habe Will Henry im Jahre 1888 bei einem Wissenschaftler mit Namen Dr. Pellinore Warthrop gelebt und mit ihm Monster gejagt und getötet. Der Doktor habe als Monstrumologe gearbeitet, und sei schon mit Wills Eltern dereinst auf die Jagd nach bedrohlichen Lebewesen gegangen. Als dann Wills Eltern bei einem schrecklichen Brand getötet worden seien, habe er den Jungen zu seinem Assistenten ausgebildet. Doch Dr. Warthrops Umgang mit dem Jungen ist rau und abweisend, Will muss fast alle Hausarbeit und das Kochen alleine erledigen, er wird von dem Wissenschaftler immer nur hin und her gescheucht und vor allem muss er den Mann bei dessen gefährlichen Expeditionen begleiten.
Die erste harte Bewährungsprobe erlebt der Junge, als dem Doktor im Frühling 1888 der Sarg einer gerade erst verstorbenen jungen Frau gebracht wird. An ihrer Seite ruht ein scheinbar kopfloses Monster, welches der Doktor als „Anthropophagus“, also „Menschenfresser“, identifiziert. Das Monster hatte versucht, die Leiche zu verzehren, war jedoch an der Perlenkette der jungen Toten erstickt. Warthrop ist entsetzt, denn eigentlich lässt sich die exotische Lebensform nur in Afrika finden, niemals in den USA. Bei einem nächtlichen Besuch des örtlichen Friedhofs wird dann schnell klar, dass das Monster nicht alleine hier weilte, sondern eine größere Brut der mörderischen Wesen sich unterirdisch breitgemacht hat, was ein erstes Opfer kostet, nämlich den Begleiter des Doktors und Wills.
Die Beiden nehmen den Kampf mit den Menschenfressern auf, unterstützt von der lokalen Polizei, denn längst haben die unheimlichen Wesen die ersten Bewohner der Stadt gefressen und weitere Raubzüge stehen bevor. Doch zur Vernichtung der Brut muss man in deren unterirdische Höhle vordringen, ein echtes Himmelfahrtskommando für den armen Will und seine Begleiter...
Was das vorliegende Buch so außerordentlich lesbar macht, ist nicht allein die eher triviale Gruselgeschichte von den bösen, Menschen fressenden Monstern, sondern ein Gesamtpaket aus wunderbar erzählter, äußerst spannender Bedrohungsgeschichte, glaubhaften und überaus interessanten Charakteren und tollen Illustrationen im Text und einem wunderbaren schwarzweißen Titelbild, auf dem ein einzelner roter Blutfleck die Aufmerksamkeit des Betrachters bindet.
All dies macht den vorliegenden Roman zu einem tollen Gesamtkunstwerk (ein Lob an dieser Stelle auch an den Verlag), bei dem das Mischungsverhältnis zwischen den einzelnen Elementen perfekt austariert zu sein scheint.
Der gute, wenn auch unauffällige Stil des Autors, die erst nach einiger Zeit immer plastischer werdenden Charaktere der Protagonisten, deren Sichtweisen der Welt für den Leser immer verständlicher werden, und die tollen Illustrationen gehen bei „Der Monstrumologe“ eine scheinbar perfekte Symbiose ein. Zwar ist die hier erzählte Geschichte weder besonders neu noch allzu originell, die weiteren Verwicklungen der Erzählung (so muss der Doktor leidvoll erfahren, wer für die Anwesenheit der Monster in den USA wirklich verantwortlich ist und welch monströse Absicht dereinst dahintersteckte) sind jedoch sowohl tragisch als auch fesselnd genug, um den Leser in ihren Bann zu schlagen.
Das schlussendliche „Shootout“ mit den Bestien ist genreüblich, aber hier doch dermaßen packend serviert, dass man als Rezipient die Finger nicht mehr vom Buch lassen kann, bis sich alles in vermeintliches Wohlgefallen aufzulösen scheint.
Rick Yancey ist mit dem vorliegenden Werk ein wunderbares Buch gelungen, mit welchem der Autor zwar das Rad nicht neu erfindet, das aber in seiner Gesamtkonzeption wohl zu überzeugen weiß und welches den Leser einfach verdammt gut unterhält.