Gruselkabinett 62: Rappaccinis Tochter, Nathaniel Hawthorne (Hörspiel)

Nathaniel Hawthorne & Mark Gruppe (Script)
Rappaccinis Tochter
Gruselkabinett 62
Sprecher: Max Felder, Manfred Erdmann, Jacqueline Belle u.a.
Cover: Firuz Askin
Titania Medien, 2012, 1 CD, ca. 50 Minuten, ca. 7,99 EUR, ISBN 978-3-7857-4639-4

Von Christel Scheja

Nathaniel Hawthorne (1804-1864) zählt zu den amerikanischen Schriftstellern, die in seiner Heimat die Romantik prägten. In seinen Werken beschäftigte er sich oft mit den dunklen Seiten der menschlichen Seele, Schuld und Sünde, aber auch Strafe, Intoleranz und Endfremdung. Ein wenig davon ist auch in seiner Novelle „Rappaccinis Tochter“ wiederzufinden.

Der aus Neapel stammende Giovanni Guasconti kommt nach Padua, um seine Medizinstudien zu vertiefen. Allerdings ist es schwer, eine Wohnung zu finden, die er mit seinem schmalen Budget bezahlen kann. Nur die Witwe Lisabetta hat ein düsteres Zimmer in einem fast leeren Haus, das ihm zwar nicht gefällt, aber keine tiefen Löcher in seinen Geldbeutel werfen kann. Er nimmt es, denn der Ausblick auf einen wunderschönen exotischen Garten und seine hübsche Gärtnerin macht das finstere Gemäuer wieder wett. In der kommenden Zeit beobachtet Giovanni immer wieder die junge Frau und wagt es schließlich Kontakt zu der zurückhaltenden Schönen namens Beatrice aufzunehmen. Ihr Liebreiz weckt seine Gefühle, und er versucht ihr deshalb näherzukommen. Doch die Tochter Dr. Rappaccinis birgt ein düsteres Geheimnis, von dem sie selbst nichts weiß.

„Rappaccinis Tochter“ spielt auf ein klassisches Thema an, das schon oft die Literatur beherrscht hat und noch beherrschen wird. Die Tochter büßt für die Sünden der Mutter, obgleich sie unschuldig an allem ist, denn der von seiner Ehefrau gehörnte Vater will nicht noch einmal miterleben, dass ihn seine Frau enttäuscht. Deshalb hat er einen perfiden Plan entwickelt. So entsteht von Anfang an keine wirklich romantische Atmosphäre, es schleichen sich auch in die Idylle schnell Misstöne ein, sei es durch die Giftpflanzen oder den eifersüchtigen Vater in seinem Labor.

Die Sprecher vermitteln sehr gut das Wesen ihrer Charaktere, die Unschuld der beiden jungen Liebenden tritt ebenso deutlich hervor, wie Hass und Schmerz des Vaters und die Freude der alten Witwe, den jungen Mann verkuppeln zu können. Der Klangteppich und die Musik vertiefen den Eindruck des subtil aufgebauten Hörspiels, das trotz des begrenzten Schauplatzes und der wenigen Figuren so fesselnd ist, dass man gar nicht merkt, wie die Zeit verfliegt.

Damit gehört „Rappaccinis Tochter“ zu den Perlen der Reihe, die zeigen, dass nicht viel dazu gehören muss, um eine intensiv wirkende Schauermär zu erzählen.