Linda Chapman & Lee Weatherly: Wald der Tausend Augen – Schattenwald-Geheimnisse 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 25. Februar 2012 13:04
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Linda Chapman & Lee Weatherly
Wald der Tausend Augen
Schattenwald-Geheimnisse 1
(Sophie and the Shadow Woods: The Goblin King, 2011)
Aus dem Englischen von Bettina Spangler
Titelgestaltung von Susanne Uhlhorn unter Verwendung einer Illustration von Timo Grubing
Illustrationen von Timo Grubing
cbj, 2012, Hardcover, 128 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-570-15368-0 (auch als eBook erhältlich)
Von Irene Salzmann
Sophie und Anthony sind Zwillinge. Weil ihre Eltern als Archäologen oft unterwegs sind, verbringen sie viel Zeit mit ihrem knurrigen Großvater und der Haushälterin Mrs. B. Hin und wieder ist Sophie traurig, weil der alte Mann sie ignoriert und nur ihren Bruder zu mögen scheint. Darum ist ihr Freund Sam, mit dem sie eine Menge unternimmt, ein echter Lichtblick.
An ihrem 10. Geburtstag fühlt sich Sophie gar nicht gut, während es Anthony bestens geht, und überrascht dadurch ihren Großvater. Widerwillig erzählt er ihr, dass er der Wächter eines Portals war, hinter dem Fabelwesen auf eine Chance lauern auszubrechen und Chaos in die Menschenwelt zu tragen, und dass nun sie dieses Erbe antreten muss. Dass sie etwas kränkelt, liegt daran, dass die Kraft des Hüters auf die überging.
Es kommt aber noch … schlimmer: Der Schlüssel, den Sophie und Sam beim Spielen verloren haben, öffnet jene Pforte, aber nur wenn ihm eines von sechs verborgenen Juwelen eingepasst wird. Sophie bemüht sich, den Schlüssel zurück zu bekommen – vergebens. Und nun haben die Tintenkappenkobolde auch noch das Versteck des grünen Juwels entdeckt…
„Die Schattenwald-Geheimnisse“ ist der Titel einer Fantasy-Serie, die sich an junge Leser wendet, insbesondere an Mädchen im Alter von 6 – 10 Jahren.
Wie traurig aufgeweckte Mädchen sind, die im Familienkreis immer in den Schatten des Bruders gestoßen werden, wird hier treffend thematisiert. Wer hat nicht erlebt, dass der Bruder zum Beispiel ein tolles Fernglas bekam und man selber bloß ein langweiliges Malbuch oder eine blöde Puppe? Oder der Bruder durfte immer raus zum Spielen, selber musste man daheim bleiben, weil das Wetter schlecht war, weil dies, weil das? Oder der Bruder bekam vom Vater das Auto erklärt, und als Mädchen wurde man zur Mutter in die Küche geschickt?
Kein Wunder, wenn man nun still vor sich hin grinst, denn den Großvater trifft fast der Schlag, als er erkennt, dass sein Favorit nicht der neue Hüter ist und er an Sophie einiges wiedergutmachen muss. Anthony, der natürlich merkte, dass ihm der Großvater praktisch alles durchgehen ließ, ist so ein richtiges Miststück von Bruder, der seine Schwester bei jeder Gelegenheit schikaniert. Beispielsweise stiehlt er ihr ein ihm fehlendes Sammelbild, er öffnet ihre Geburtstagsgeschenke, und er verspottet sie, weil sie ‚bloß‘ ein Mädchen ist und ‚Mädchenkram‘ bekam. Ihren Freund Sam kann er auch nicht leiden.
Zu schade, dass die Autorinnen den Klischees dann doch noch nachgeben, indem sie Sophie dafür verantwortlich machen, dass der Schlüssel verloren ging und auch das Geheimnis um die Juwelen den Kobolden offenbart wurde. Das hätte man gewiss eleganter lösen können, um Spannung und neue Konflikte in die Handlung zu bringen. Zudem ist Sophie trotz ihrer Wächter-Kräfte auf Sams Hilfe angewiesen, was an sich in Ordnung ist, da eine Superheldin, die alles allein erledigt, einfach zu übertrieben wäre, doch werden damit ihre Fähigkeiten wieder beschnitten.
Wie auch immer, für die Zielgruppe ist „Wald der Tausend Augen“ ein tolles Buch, denn die Leserinnen dürfen sich mit einem modernen, sportlichen, mutigen Mädchen identifizieren, das sich mit Fabelwesen anlegt und dabei ist, in seine Wächterrolle hinein zu wachsen. Hilfe bekommt sie dabei von einem treuen Freund, und auch der Großvater sieht sie nun mit anderen Augen.
Da noch fünf Juwelen gefunden werden müssen, wird es mindestens noch fünf weitere Bände geben. Zweifellos werden auch diese so hübsch gestaltet sein wie der vorliegende Titel: Hardcover, eine Farbillustration zu Beginn, viele weitere Illustrationen und Vignetten, die den Text – große Schrift – auflockern, und am Ende einige Auszüge aus den ‚Schattenakten‘, bestehend aus Abbildungen, Erklärungen und Kommentaren, dazu Raum für eigene Notizen.
Die „Schattenwald-Geheimnisse“ 1 sind ein viel versprechender Auftakt zu einer neuen spannenden Fantasy-Serie für Mädchen im Grundschulalter. Die liebevolle Gestaltung des Buchs liefert das I-Tüpfelchen.