Tsumitsuki (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 29. Januar 2012 09:30
Hiro Kiyohara
Tsumitsuki
Aus dem Japanischen von Josef Shanel und Matthias Wisnet
EMA, 2011, Taschenbuch, 196 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-7704-7553-7
Von Irene Salzmann
Nach „Kizu“, „Can You Hear Me?“ und „Holiday” liegt mit „Tsumitsuki” ein weiterer Horror-Manga von Hiro Kiyohara vor.
Chinatsu ist neu an der Schule. Ihr fällt auf, dass ein Mädchen von den anderen gemieden wird. Gern würde sie sich mit Mayu anfreunden, wird aber auf Distanz gehalten. Wie sich herausstellt, hat Mayu dafür einen Grund: Schuldgefühle ermöglichten es einem „Tsumitsuki“, sich in ihr einzunisten, sie von innen aufzufressen und ihren Körper zu übernehmen. Als das dämonische Wesen aus ihr hervorbricht, wird Mayu von Kuroe, einem Jungen, der in einem Schrein lebt, angegriffen. Auch er scheint kein richtiger Mensch zu sein. Chinatsu bittet ihn, Mayu zu verschonen, doch Kuroe erklärt ihr, dass es keine Rettung gebe, wenn man einen Tsumitsuki in sich trägt – außer dem Tod. Chinatsu hält Kuroe nun nicht länger zurück, der Mayu tötet und verzehrt, denn auch er ist eine Art Tsumitsuki, doch behält er die Kontrolle über seinen Körper, solange er die Dämonen jagt und sich von ihnen nährt. Aus diesem Grund hat er auch gar kein Interesse daran, seinen Opfern zu helfen und sorgt sogar dafür, dass jeder Zeuge seiner Tat von Schuldgefühlen geplagt wird und…
Zunächst hat man den Eindruck, als handle es sich um Einzelepisoden, die durch Kuroe und die Tsumitsugi verbunden werden: Ähnlich wie in „Boogiepop“ verschwinden regelmäßig Schülerinnen, die dieselbe Schule besuchen. Es stellt sich heraus, dass eine von ihnen einen Tsumitsugi in sich trägt, der nach Opfern verlangt. Das Mädchen tötet, bis Kuroe es zur Strecke bringt und es seinerseits frisst. Dabei sorgt er selber dafür, dass ein neues Mädchen in die Spirale des Untergangs hineingezogen wird, irgendwann zu morden beginnt und ihm letztlich als Futter dient. Dadurch verliert Kuroe den Nimbus des edlen Retters, denn er schützt die Menschen nur deshalb vor den Tsumitsugi, weil er muss, um nicht selber von seinem Dämon konsumiert zu werden. Er könnte durchaus die Morde verhindern, aber er tut es nicht. Warum, bleibt offen, ebenso ob es ein Mittel gibt, sich von dem Tsumitsugi zu befreien.
Im Prinzip gleichen sich die Geschichten. Entweder beobachtet ein Mädchen zufällig das grausige Geschehen, leidet darunter, dass sie nicht hat helfen können und wird deshalb von dem Dämon befallen. Manche wissen nicht, was mit ihnen passiert, als sie sich zu verändern beginnen, andere kennen ihr Schicksal und leugnen es. Eher ausnahmsweise nimmt eine Person all das freiwillig auf sich, weil sie ein bestimmtes Ziel verfolgt. Irgendwann taucht Kuroe auf und erledigt seinen Job. Erst am Ende des Bandes schließt sich der Kreis, ohne jedoch eine Lösung oder gar ein Happy End zu offerieren. Das ist zwar beabsichtigt, aber der Leser fühlt sich doch etwas unzufrieden, weil die Wiederholungsrate hoch ist, die Spannung sinkt, sobald man das Schema durchschaut hat, und manches so wirkt, als habe Hiro Kiyohara selbst nicht recht gewusst, was er aus den Situationen machen soll, in die er seine Figuren brachte. Ein Beispiel ist der Fuchs, der Kuroe ab der zweiten Episode begleitet und der – das verrät der Künstler im Nachwort – doch nicht die ihm ursprünglich zugedachte Rolle einnehmen konnte.
Die Zeichnungen sind düster, klar, ansprechend und passen zur Handlung.
„Tsumitsuki“ hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits handelt es sich um einen Horror-Manga mit einer interessanten Idee, aber es gelingt Hiro Kiyohara nicht wirklich, sie überzeugend auszuschöpfen. Schätzt man Titel wie „Ring“, „Hiki“, „Redrum“ etc. und mag splattrige Szenen, wird man dennoch gut unterhalten.