Ransom Riggs: Die Insel der besonderen Kinder (Buch)

Ransom Riggs
Die Insel der besonderen Kinder
Pan, 2011, Hardcover, 416 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-426-28368-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Schon als Kind bekam Jacob Portmann von seinem Großvater seltsame Geschichten erzählt über eine Art Waisenhaus auf einer einsamen Insel in Wales, wo nur Kinder und Jugendliche mit besonderen, magisch wirkenden Fähigkeiten beherbergt worden sein sollen. Zum Beweis hatte der Großvater dem kleinen Jakob wundersame Bilder gezeigt, auf denen zum Beispiel ein schwebendes Mädchen oder ein scheinbar unsichtbarer Junge in sichtbarer Kleidung abgebildet waren.

Als Jakob jedoch älter wurde, hatte er geglaubt, die Bilder als Fälschungen und Trickaufnahmen entlarven zu können, der Großvater, der als Kind vor den Nazis aus Polen erst nach Wales und dann in die USA hatte flüchten müssen, hatte sich immer mehr zurückgezogen und seine merkwürdigen Geschichten nicht länger erzählt.

Als Jakob 16 Jahre alt ist, findet er seinen Opa in einem Waldstück nahe dem Haus des alten Mannes übel zugerichtet und sieht ein unheimliches Wesen, welches vom Tatort flieht. Der geschockte Jugendliche muss daraufhin erst einmal einen Psychiater aufsuchen, obwohl man ihm erklärt, dass wilde Hunde den Großvater angeblich zerfleischt hätten. Doch das erschreckende Wesen und die letzten Worte seines Opas lassen Jacob an dieser Darstellung zweifeln. Auch die mysteriösen Photographien im Besitz des alten Mannes gewinnen für Jacob wieder neue Bedeutung, vor allem die Frage ob sie wirklich Fälschungen sind.

Auf Anraten des Psychiaters reisen Jakob und sein Vater dann auch noch nach Wales, um dort die einsame Insel zu besuchen, auf der Miss Peregrines Haus stehen soll, so der Name der Frau, die dereinst die Kinder während des Zweiten Weltkriegs aufgenommen hatte. Jacob erfährt jedoch, dass das Haus bei einem Bombenangriff der Deutschen am 3. September 1940 teilweise zerstört und scheinbar alle Einwohner, außer Jacobs Großvater, getötet worden sind. In dem stark beschädigten Gebäude findet Jacob dann weitere Bilder von den damaligen Bewohnern und er stößt auf ein unglaubliches Geheimnis, denn die Kinder und Miss Peregrine (das englische Wort für Habicht) sind längst nicht so tot, wie der Jugendliche glaubt...

Ransom Riggs erzählt in seinem Erstling mit feiner Hand eine packende, wirklich unheimliche Geschichte, die durch Kreativität und Erzählfreude besticht. Unterstützt wird das Leseerlebnis durch die verwunderlichen Bilder, die der Autor im Buch präsentiert, welche die Geschichte fabelhaft illustrieren. Auch die Abgeschiedenheit und Einsamkeit der kleinen walisischen Insel beschreibt der Autor meisterhaft, wie überhaupt die ganze Atmosphäre des vorliegenden Buchs grandios gestaltet ist. Die interessanten Charaktere und die spannende Handlung leisten haben ebenfalls großen Anteil an der Faszination, die der Roman ausstrahlt.

Großes Manko der Geschichte ist allerdings, dass leider auch Riggs einen großen, bösen Antagonisten braucht, um seine Erzählung weiter auszugestalten, was sehr schade ist, wird doch das Gut/Böse-Klischee hier wieder arg strapaziert und hatten doch die brillanten Einfälle des Autors Hoffnung gemacht, dies wäre nicht notwendig.

Insgesamt ist aber die hier erzählte Mär derart fabelhaft gelungen, dass man schon gespannt auf die Fortsetzung sein muss, denn leider endet das Buch mitten in der Geschichte, der Kampf gegen die „Verschwörer“ beginnt damit erst so richtig. Aber egal, wenn Riggs sein hohes Niveau auch nur einigermaßen halten kann, dann darf man sich auf packende, und manchmal wahrlich überraschende Geschichten freuen, denn wie der Autor Altbekanntes hier neu verquirlt, ist wahrlich sensationell.