Brett McBean: Die Bestien (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 16. November 2011 18:42

Brett McBean
Die Bestien
(Torment)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Doris Hummel
Festa, 2011, Taschenbuch, 352 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-132-3
Von Carsten Kuhr
Achtzehn Jahre hinter Gittern, das kann einen Mann prägen. Der Eine wird trübsinnig, der Andere wendet sich einer heilsversprechenden Religion zu, der nächste wird aggressiv und ein paar Wenige werden geläutert entlassen. Sie wollen nur ihre Freiheit genießen, in Ruhe und Frieden ihr Bier trinken und die Weite der Landschaft auf sich wirken lassen. Jim Clayton hat sich nach besagten achtzehn Jahren auf seiner Harley aufgemacht, die neu gewonnene Freiheit still und friedlich zu genießen. Wenn man ihn denn lassen würde.
Als er in das verschlafene Kuhnest Billings kommt und ein Mädchen vor der Misshandlung durch den Chef der lokalen Gesetzeshüter schützt, ahnt er noch nicht, was die eigentlich gute Tat für Auswirkungen zeitigen wird. Denn in Billings wird mit Herumtreibern, Verbrechern und auch der einen oder anderen Touristin die sich verfahren hat, anders umgegangen, als es im Gesetzbuch steht. Hier herrschen noch Recht und Ordnung – das Recht des Stärkeren, des Jägers. Und so findet sich unser Ex-Knacki zusammen mit dem offensichtlich verrückten Australier Craig als ausgesetztes, gejagtes Wild in den Blue Ridge Mountains wieder. Dabei sind die Vergewaltigungen und Morde, die unter und hinter der braven dörflichen Idylle geschehen, noch bei Weitem nicht das Merkwürdigste – denn Craig trägt um den Hals eine Blechdose, die er unbedingt verkaufen will. Wer eine der Dosen der Pandora öffnet, den erwarten Schmerzen jenseits aller Vorstellung, denn die gefangenen Seelen wissen sich zu wehren…
Als der Festa Verlag letztes Jahr McBeans „Die Mutter“ vorlegte, ging ein Raunen durch den Blätterwald. Da erhob ein bis dato unbekannter Autor seine Stimme, und was war das für ein Organ. Voller Drive und Gewalt, voller schockierender Details und doch stringent, schreckte McBean seine Leser und zeigte Keene, Ketchum und Co, dass sie sich auf ihren Lorbeeren nicht ausruhen können. Nun also der zweite Band aus der Werkstatt McBeans, ein Buch, das erneut, wage ich zu prophezeien, Aufmerksamkeit erregen wird.
Nun ist das Grundthema (ein Unschuldiger wird von Hütern des Gesetzes und Honoratioren wie ein wildes Tier gejagt) nicht ganz neu. Neu ist dagegen die Verknüpfung des Thriller-Themas mit einer übernatürlichen Komponente. Doch auch in der gelungenen Synthese von Thriller- und Horror-Elementen ist nicht der Grund dafür zu suchen, warum das Buch seinen Leser packt und nicht loslässt. Nein, es ist die ruhige Art und Weise, wie der Autor die Bestie Mensch in all ihrer Abgründigkeit, ihrer Perversität zu der sie fähig ist, beschreibt.
Das entfaltet eine Wucht, der man sich nicht entziehen kann, wenn scheinbar idyllische Alltagssituationen plötzlich kippen, wenn sich etwa die Schwangerschaft eines dreizehnjährigen Mädchens als Vergewaltigung ihres Vaters entpuppt, auf die McBean dann noch einzig den despotischen Wunsch nach einem Sohn durch den Zeuger draufsetzt, der seine Tochter gnadenlos und ohne jegliche Skrupel als inzestiöse Gebär- und Fickmaschine missbraucht.
Das schockt, das fesselt und beweist, dass mit Brett McBean ein neuer Autor sein Haupt erhebt, der dem Leser das gibt, was er will – zeitgemäßen Horror der Extraklasse.