Primeval 3: Der Tag des jüngsten Gerichts, Dan Abnett (Buch)

Primeval 3
Der Tag des jüngsten Gerichts
Dan Abnett
(Extinction Event, 2010)
Übersetzung aus dem Englischen von Joachim Riefer und Maria Morlock
Cross Cult, 2010, Taschenbuch, 374 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-941248-13-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Frank Drehmel

Nach Steven Saville und Paul Kearny ist es an Dan Abnett, die „Primeval“-Roman-Reihe fortzusetzen. Den deutschen Lesern dürfte der 1965 geborene Brite in erster Linie durch seine „Wahrhammer 40k“-Romane um das Gaunt's Ghosts-Regiment, die „Eisenhorn“-Trilogie sowie seinen „Helden“ Malus Darkblade bekannt sein, auch wenn sich das Werk des umtriebigen Autors deutlich umfangreicher gestaltet.

Naturgemäß ist der Output eines solchermaßen vielbeschäftigten Schreiberlings von einer deutlichen qualitativen Volatilität gekennzeichnet; so schwanken zum Beispiel die Romane um das 1. Tanith zwischen atmosphärisch fesselnd beziehungsweise hoch spannend und so todlangweilig, dass nicht einmal sein grundsätzlich gefälliger Schreibstil etwas rausreißen kann. Werfen wir dessen eingedenk nun einen Blick auf den „Tag des jüngsten Gerichts“.

Kurz nachdem ein Anomalie in London, durch die ein Entelodon – eine Art fieses großes Schwein – schlüpfte, für so großes Chaos gesorgt hat, dass die Desinformations-Abteilung des Anomaly Research Centres – dem ARC – alle Hände voll zu tun hat, den Vorfall unter den Teppich zu kehren, werden Abby, Connor und Nick Cutter von russischen Speznas-Agenten ins weite Sibirien entführt, da dort die Hilfe der ARC-Spezialisten benötigt wird.

Wie groß die russische Not tatsächlich ist, stellt sich schnell heraus: nicht nur, dass wahre Herden von Urzeit-Geschöpfen mittlerweile die Wälder und Weiten der Tundra bevölkern, sondern der für all das Chaos ursächliche Riss in der Zeit ist auch der größte, dem sich das Team um Professor Cutter je gegenüber sah. Schnell wird den Forschern aufgrund der übergewechselten Saurier-Arten und einiger unerklärbarer Explosionen klar, dass der Riss mit der Kreide-Tertiär-Grenze verbunden ist, einem Zeitraum also, in dem ein kataklysmisches Ereignis für das Aussterben des Großteils der urweltlichen Fauna sorgte, und dass das, was die Tiere aussterben ließ, auch die Gegenwart bedrohen könnte.

Während also Abby, Nick und eine Einheit russischer Soldaten in die Urzeit reisen, um einen Überblick über das Ausmaß der Bedrohung zu erlangen, und sich urplötzlich in der Vergangenheit gefangen sehen, macht sich im weit entfernten London ein Rettungsteam durch eine Art Anomalie-Nexus auf, um Cutter & Co aus den Händen ihrer Entführer zu befreien, wobei Helen – Cutters soziopathische Ex-Ehefrau – die Retter führen soll und will.

Abnetts Versuch, in diesem dritten Band der Romanserie eines der rätselhaftesten Naturereignisses der Moderne – das Tungunska-Ereignis von 1908 – in das „Primeval“-Setting einzubauen, scheitert gleich in mehrerer Hinsicht vollkommen. Abgesehen davon, dass physikalische Plausibilitäten, logisches, bedachtes Handeln der Protagonisten und wissenschaftliche Genauigkeit generell kein Merkmal der eher trashigen TV-Show sind und dementsprechend auch im Roman keinerlei Beachtung finden, leidet die Geschichte an langweilig inszenierter Action, platten Figuren, an Humorlosigkeit und dem Fehlen eines stimmigen, atmosphärische dichten Lokalkolorits.

Die (viel zu) ausgiebig in Szene gesetzten Kämpfe mit mehr oder weniger unterschiedlichen Ur-Ungetümen sind langatmig, ideenlos, stereotyp und weitgehend unspannend, wirken wie Variationen eines Grundthemas, das der Leser ad nauseam aus der TV-Show oder, wenn nicht von dort, dann aus den ersten 40 Seiten des vorliegenden Romans kennt.

Auf Seiten der Protagonisten sieht es noch ärger aus: während die ARC-Leute – Lester, Jenny sowie das Cutter-Team – quasi inexistent sind und keinerlei nennenswerte Eigenschaften aufweisen, wirken die russischen Gegenspieler wie Karikaturen aus Zeiten des Kalten Krieges oder der Ideenwelt eines Bildzeitungs-Konsumenten und sind so klischeehaft gezeichnet, dass es fast schon einem Mysterium gleichkommt, dass ein im Grunde phantasievoller Autor wie Abnett diesen Hohl-Müll überhaupt zu Papier oder Laptop gebracht hat. Auch den weitgehend fehlenden Witz, den Mangel an Esprit und leichten Dialogen, der so ganz im Gegensatz zur TV-Show oder beispielsweise dem zweiten Roman der Reihe steht, kann man unter „schwache Figurenzeichnung“ subsumieren.

Fazit: Eine anstrengend langatmige, unspannende und gleichermaßen unoriginelle wie abstruse Story mit flachen Hauptprotagonisten und klischeehaften Nebenfiguren. Selbst – oder vielleicht gerade – für bekennende „Primeval“-Fans eine herbe Enttäuschung.