Schmetterlingsnetzwerk 1: Nachtfalter (Comic)

Schmetterlingsnetzwerk 1
Nachtfalter
(Le Réseau Bombyce: Papillons de Nuit)
Text: Éric Corbeyran & Cécil
Artwork: Cécil (Christophe Coronas)
Übersetzung: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2011, Hardcover, 48 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-286-0

Von Frank Drehmel

Der große, schlaksige Eustache und der kleinwüchsige, gedrungene Mücke sind Mitglieder des sogenannten Schmetterlingsnetzwerkes, eines losen Kartells von Unterweltlern, die in der Stadt Bourdeaux kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert ihren zwielichtigen Geschäften nachgehen.

Als unsere beiden Helden eines Nachts in die Villa des Barons Guillaume Bernhard de Harcourd einbrechen, werden sie nicht nur beinahe gefasst, sondern erbeuten auch eine Filmrolle, auf der die Vergewaltigung, die Folter und der Mord an einer jungen Frau, einer Hure, zu sehen sind. Eustache und Mücke sind von der Aufzeichnung so angewidert – und das nicht nur, weil der dünne Lange selbst in eine Prostituierte namens Zibeline verliebt ist –, dass sie beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen.

Ihr erster Weg führt sie in ein Etablissement namens „Boa“, in welchem sie Zeugen einer der perversen Filmvorführungen werden, einer Vorführung, der die Crème de la Crème der Stadt beiwohnt. Daraufhin beginnen die beiden Ganoven ein gefährliches Spiel, indem sie den Baron erpressen, nicht ahnend, dass dieser exzellente Kontakte zur durch und durch korrupten Polizei pflegt. Der Austausch der Filmrolle gegen eine Tasche voller Geld scheitert folgerichtig auch kläglich, wobei Mücke so schwerverletzt wird, dass er sterben wird, sollte sich keine ärztliche Hilfe auftun. Doch nicht nur für den kleinen Gauner steht es Spitz auf Knopf, auch Eustache und – vor allem – Zibeline geraten in eine tödliche Gefahr, als der perverse Baron und seine sadistischen Gefolgsleute schließlich die junge Hure entführen und der Große sie aus den Fängen von Leuten befreien muss, die keinerlei Skrupel und Mitleid kennen.

Während der 1964 in Marseille geborene Éric Corbeyran mit Fug und Recht zu den umtriebigsten franko-belgischen Szenaristen gezählt werden darf, ist das Œuvre des unwesentlich jüngeren Christophe Coronas vergleichsweise übersichtlich. Dennoch ist es in erster Linie seinem Artwork zu verdanken, dass dieser erste Band des „Schmetterlingsnetzwerks“ zu einem echten Highlight des Splitter-Programms geworden ist. Nicht nur dass der Künstler das Flair, das Ambiente, die Atmosphäre einer vergangenen Epoche äußerst stimmig einfängt und in Szene setzt und den Figuren ein regelrecht cooles Äußeres verleiht, auch in sich wirken die malerisch-kreidigen, detaillierten Zeichnungen hochdynamisch, ja geradezu flirrend lebendig, was zum einen auf die Bild- und Seitenkomposition zurückzuführen ist, zum anderen auf die besondere Technik, ausgewählte Konturen sehr hell zu betonen und gleichermaßen zarte wie markante (fast) weiße Glanzlichter zu setzen

Die Story selbst ist bei allem authentischen Zeitkolorit und den in ihren Proportionen visuell leicht überzeichneten Hauptfiguren sehr düster, voller Gewalt, Tristesse, garniert mit einigen Rätseln und Mysterien, aber auch mit zärtlichen Momenten. Die beiden – mit Zibeline sogar drei – Hauptfiguren kommen als starke Charaktere daher, deren Motivation zwar nicht immer ganz rechtschaffen ist, die aber alleine schon aufgrund der Loyalität und der Gefühle füreinander äußerst sympathisch wirken.

Fazit: Aufgrund des superben, dynamischen und atmosphärisch dichten Artworks sowie der düsteren und intensiven Story ein echtes Comic-Highlight. Unbedingt empfehlenswert.