Siegfried Langer: Vater, Mutter, Tod (Buch)

Siegfried Langer
Vater, Mutter, Tod
Titelillustration von bürosüd
List, 2011, Taschenbuch, 328 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-548-61051-1

Von Carsten Kuhr

Ein Kind wird ermordet, ein anders entführt. Die Suche nach dem Täter gerät immer mehr zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Dies weiß auch der ermittelnde Kriminalkommissar, der es bei seinen Ermittlungen nicht einfach nur mit geldgierigen Kidnappern zu tun bekommt, sondern in die Abgründe der menschlichen Psyche einzutauchen gezwungen ist.

Jaqueline ist eine erfolgreiche Architektin. Statussymbole wie den Mercedes vor dem schmucken Einfamilienhaus im Speckgürtel von Berlin, einen erfolgreichen attraktiven Mann an ihrer Seite und eine Haushaltshilfe sind aus ihrem wohlgeordneten Leben nicht mehr wegzudenken – Herz, was willst du mehr. Wenn nur die bohrenden Kopfschmerzen, die sie periodisch immer wieder heimsuchen, nicht wären. Nicht genug damit, dass ihre beginnende Epilepsie immer wieder für geistige Aussetzer sorgt, so weiß sie nicht mehr, in welchem Stock ihre Firma residiert, oder trifft sich mit ihrer vor Monaten verstorbenen Mutter zum Mittagessen. Eines Tages meint sie, auf der Straße und bei einem Kongress eine alte Mitbewohnerin aus ihrer Stundeten-WG zu erkennen. Kurz darauf wird ihr Sohn von einer Unbekannten entführt – besteht hier ein Zusammenhang, oder bildet sie sich alles nur ein?

Siegried Langer machte mit seinem 2008 im Atlantis Verlag publizierten „Alles bleibt Anders“ auf sich aufmerksam. Nun ist ihm der Sprung zu einem der großen Publikumsverlage gelungen, sein erster Thriller ist im Taschenbuchprogramm bei List erschienen.

Und sein erfrischend kurzer Roman beginnt sogleich mit einer Szene, die dem Leser ständig im Hinterkopf herumspukt: Eine Ehefrau kommt spät zu ihrem alkoholabhängigen, gewalttätigen Mann nach Hause. Als sich der gemeinsame Sohn zwischen die streitenden Eltern drängt, seine Mutter beschützen will, dringt das vom Vater geschwungene Brotmesser in seine Halsschlagader ein. Schock, grellrot das Bild, das sich hier im Gehirn des Leser abzeichnet. Gerade auch, weil eine derartige Szene sehr wohl vorstellbar ist, im Bereich des Möglichen der alltäglichen Gewaltspirale aus Suff, Frust und Arbeits- ja Perspektivlosigkeit nur zu oft, wenn auch nicht mit einem solch dramatischen Ausgang, in unserem Land stattfindet, berührt diese Szene. Dann ein schneller, abrupter Schnitt hin auf die Sonnenseite des Lebens. Erfolg, Reichtum, Glück – dies alles gepaart in einer Frau, die erst auf den zweiten Blick ihr Päckchen zu tragen hat.

Geschickt lässt Langer hier viel offen, deutet mehr an, als dass er wirklich berichtet, lässt den Leser aus den Schilderungen seine eigenen Schlüsse ziehen. Das ist versiert und spannend erzählt, besticht in seinen Charakterzeichnungen und fesselt den Leser an die Seiten. Respekt Herr Langer, weiter so!