Mary E. Pearson: The Courting of Bristol Keats (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 25. Januar 2025 18:04
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Mary E. Pearson
The Courting of Bristol Keats
(The Courting of Bristol Keats, 2024)
Übersetzung: Ulrike Raimer-Nolte
Lyx, 2024, Hardcover, 720 Seiten, 24,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Das kleine, fast ein wenig verschlafene Örtchen Bowskeep ist momentan Heimat für drei Schwestern. Moment - momentan? Nun, dazu sollte man wissen, dass ihre Eltern mit ihnen, seitdem sie denken können, immer von einem Ort zum nächsten gereist sind. Fast könnte man meinen, sie wären auf der Flucht gewesen. Die Mutter hat die Familie nach einem Ehestreit verlassen, der Vater wurde von einem Unbekannten angefahren und sterbend am Straßenrand zurückgelassen.
Nun ist es an der mittleren Schwester, Bristol, die Familie mit ihrem Job als Kellnerin und Pizzabotin per Bike finanziell über Wasser zu halten. Keine selbstgestrickten Schals der Mutter mehr, kein Käufer für die in der örtlichen Galerie ausgestellten Bilder des Vaters.
Da kommt ein Angebot einer angeblichen Tante gerade, nein eigentlich verdächtig zur rechten Zeit. Zumal ihre Eltern nie irgendetwas von Verwandtschaft erzählt haben. Und das Angebot ist einfach zu gut, um wahr zu sein. Eine echte Skizze Leonardo da Vincis - damit wären sie alle finanziellen Sorgen los; der Preis: dass Bristol die Tante in deren Heimat begleitet.
Dann der nächste Hammer: die örtlich als seltsam verschriene Frau behauptet doch glatt, dass ihr Vater noch leben würde. Ein Begleiter ihrer Tante verspricht, diesen zu suchen - wenn, sie, na sie wissen schon, diesen begleitet. Was bleibt Bristol übrig? Sie folgt den komischen Figuren in ein Reich, das es nicht gibt, nicht geben kann, nicht geben darf.
Willkommen, Bristol, im Elfenreich - einem Ort, an dem ihr Vater seinen besten Freund tödlich verwundet zurückließ, an dem ihre Mutter eine psychopathische Göttin ist, an dem ein Verflossener Bristols sich anschickt, das Reich unter seine grausame Herrschaft zu zwingen.
Nun raten Sie einmal, wer all dies mit ihrer ihr selbst unbekannten Magie verhindern soll? Bristol natürlich, zumal sie in den Elfenkönig - eben jenen, den ihr Vater umbringen wollte, verliebt ist und - na lesen Sie mal selbst…
Mary E. Pearson ist eine der Autorinnen, die bei Lübbe - inklusive dessen Ablegern One und Lyx - für Umsatz steht. Ihre Romane verkaufen sich gut, ihre Fans warten ungeduldig auf Lese-Nachschub. Der vorliegende Roman ist - wie kann es anders sein - erneut der Auftakt einer Reihe und ein Beispiel dafür, was ihre Bewunderer an den Werken der Amerikanerin so schätzen. Ein Band, der zwar deutliche Romantasy-Anklänge offeriert, der Slowburn, Enemies to Lovers etc. beinhaltet, der dabei aber, zum einen gut geschrieben ist und zum anderen eine wirklich interessante Geschichte zu erzählen weiß.
Dies hat mit der Welt zu tun, die wir zusammen mit unserer Protagonistin peu à peu erkunden und kennenlernen. Dazu gesellt sich aber auch eine sehr interessante Charakter-Entwicklung unserer Erzählerin. Sie entwickelt sich von einer verschüchterten, ja überforderten - wer wäre dies in der beschriebenen Situation nicht? - jungen Frau zu einer impulsiv, aber auch mutig agierenden Person, die für sich, ihre Überzeugungen und ihre Selbstbestimmung einsteht.
Dass der Roman dabei gut 200 Seiten zu lang geraten ist, darf ich ebenso erwähnen, wie den gelungenen Rundumfarbschnitt mit Blumen-/Schlüsselmotiv.
Trotz der Länge, trotz mancher Situationen, in denen ich unserer Erzählerin am liebsten zugerufen hätte, endlich in die Pötte zu kommen, Offensichtliches zu erkennen oder vorsichtiger zu agieren, bot sich das Werk letztlich als durchaus kurzweilige, interessante und dramatische Lektüre an, die Spaß gemacht hat. Warten wir mal auf die im Original für Herbst angekündigte Fortsetzung.