Maddrax 650: Im Auftrag des Weltrats, Lucy Guth (Buch)

Maddrax 650
Im Auftrag des Weltrats
Lucy Guth
Bastei, 2024, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Nachdem er ein gleichermaßen emotionales, wie actionhaftes Doppelfinale abgeliefert hat, das furios zu nennen beinahe eine Untertreibung wäre, zieht sich Ian Rolf Hill als Hauptschreiber von „Maddrax“ zurück. Lucy Guth eröffnet nun einen neuen Zyklus, der in sich abgeschlossene Heftromane in den Vordergrund rücken soll. Komplexitätsreduktion ist also angesagt. Es tut der Serie zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen sicher nicht schlecht, ein wenig Ballast abzuwerfen und sich neugierigen Lesenden zu öffnen, nicht zuletzt auch einer anderen Generation. Nichts anderes versucht der große Bruder am Markt, „Perry Rhodan“, mit „Phoenix“ derzeit auch. Weniger vielschichtig als dort war die Gesamthandlung von „Madddrax“ in den letzten Jahren tatsächlich nicht, nur weniger Space Opera, dafür etwas durchgeknallter. Zur Konzeption des postapokalyptischen Genre-Mixes aus SF, Grusel, Abenteuer und Fantasy zeichnet sich die Serie, über alle wechselnden Autoren hinweg, auch durch einen spezifischen Sound aus, der sich mit schalkhafter Unverschämtheit auch an trashigen Übertreibungen und einem Mash-up an popkulturellen Verweisen nährt.

Nun also ein neuer Zyklus, der auf fünfzig Episoden ausgelegt ist und dem ein simpler Kniff zugrundeliegt: Nach einer vereitelten Machtübernahme der vampiratigen Nosfera, die reichlich Opfer gefordert hat, sollen Matthew Drax und Aruula den Weltrat im postapokalyptischen Amerika dabei unterstützen, die bekannte Welt zu einen, Frieden zu bringen und lokale Konflikte zu lösen. Ein neuer geopolitischer Kurs. Dass Ex-Bösewicht Kormak nun den Weltrat leitet und der Titelheld nicht wirklich sicher ist, ob er es mit einem vertrauenswürdigen Partner zu tun hat, dürfte für einen lockeren roten Faden sorgen.

Doch im Grunde kann man sagen, „Maddrax“ goes „ Das A-Team“ oder „Mission: Impossible“. Das dürfte beim Publikum gut ankommen. Zumindest wenn auch die kommenden Romane eine vergleichbare Qualität aufweisen wie Lucy Guths Auftakt.

Die Autorin aus Hessen bleibt gleich bei einem Lieblingsthema, das sie schon mehrfach im Rahmen der Reihe beackert hat: Hexenverfolgung.

Schauplatz ist das nordamerikanische Salem, das für seinen puritanischen Hexenwahn hinreichend bekannt und ein bewährter Topos im Mystery-Genre ist. Über 20 Todesopfer bei ungefähr 300 Beschuldigten innerhalb nur weniger Monate im Jahr 1692, und bis heute keine letztgültige Erklärung, wie es dazu kommen konnte, boten Stoff für zahlreiche Filme und Romane. H.P. Lovecraft begründete seinen fiktiven Ort Arkham auf dem Salem-Mythos.


Und in der Welt von „Maddrax“? Dort schreiben wir das Jahr 2551. Ein junger Mann, aufgrund seiner Schmächtigkeit eher das Gespött seiner Alterskameraden, findet im so genannten Hexenhaus ein antikes Buch, den „Hexenhammer“. Die christliche Religion spielt keine Rolle, vielmehr sind es „höhere Wesen“, deren Einflüsterungen Parrish Hellsicht und eine schier übernatürliche Autorität verleihen.

Schnell ist klar, dass es sich beim „Hexenhaus“ um die Ruine des auch heute existierenden Hexerei-Museums handelt. Maddrax und seine Gefährtin Aruula, von einer Geflohenen namens Carry alarmiert, kommen den Hintergründen des Hexenwahns bald auf die Spur und versuchen mit einer List, Parrish das Handwerk zu legen, geraten jedoch selbst ins Visier des selbsternannten Hexenjägers.


Lucy Guth erzählt auf Grundlage dieses Plots eine spannende Geschichte, präsentiert gut recherchierte Hintergründe und führt mit Carry eine tolle Figur in den Serien-Kosmos ein, die sicher noch einiges an Entwicklung durchleben wird. Auch den „höheren Wesen“ begegnen wir beim Lesen nur kurz und ahnen, dass hier noch viel erzählerisches Potential liegt.

Auffällig ist, auch mit Blick auf die bereits angekündigten Romane, ein deutlicher Schwerpunkt ins Mystische, der dem „Maddrax“-Kosmos, der seinen Lesern Paranormales gewöhnlich nur in kleinen Dosen und stets semi-rational erklärbar verabreicht, eher fremd ist.

Woher bezieht der blasse Parrish sein Charisma, eine ganze Kleinstadt seinem Willen zu unterwerfen? Woher hat Carry ihre pyrokinetischen Fähigkeiten? Und wer sind jene Wesen, die offenbar im Meer leben und in die Zukunft blicken können?

„Im Auftrag des Weltrats“ ist ein gelungener Auftakt für eine neue Ära der Serie. Lucy Guth schreibt stilsicher und geradeaus, hat Humor und Empathie. Dass „Maddrax“ die Science Fiction generell hinter sich lässt, ist zwar eher nicht zu erwarten. Doch dass es sich erstmal gruselig anlässt, ist vielleicht auch der vielversprechenden Ausgabe Nummer 666 geschuldet, die 2025 erscheinen wird.