Molly Harper: Nette Mädchen beißen nicht – Jane Jameson 1 (Buch)

Molly Harper
Nette Mädchen beißen nicht
Jane Jameson 1
(Nice girls don’t have fangs, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Stepahnie Pannen
Titelgestaltung von HildenDesign/Birgit Gitschier unter Verwendung mehrerer Motive von Shutterstock
Autorenfoto von J. Nash Photography
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 354 Seiten plus 9 Seiten Leseprobe aus Lynsay Sands „Vampire sind die beste Medizin“, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8338-4

Von Irene Salzmann

Jane Jameson verliert ihren geliebten Job in der Bibliothek und ertränkt ihren Kummer erst einmal in einer Bar. Dort lernt sie den attraktiven Gabriel Nightengale, einen Vampir, kennen. Er sorgt dafür, dass sie wieder einigermaßen nüchtern ist, bevor sie sich auf den Heimweg macht, kann jedoch nicht verhindern, dass sie von einem Betrunkenen, der sie mit einem Hirsch verwechselte, angeschossen und tödlich verletzt wird.

Um Janes Leben zu retten, wandelt er sie und hat von nun an als ihr Erzeuger ein waches Auge auf sie, aber nicht nur deshalb: Er fühlt sich zu ihr hingezogen, und Jane mag ihn auch, doch prasselt so viel Neues auf sie ein, das sie zuerst bewältigen muss, bevor sie sich ihren Herzensangelegenheiten zuwenden kann: Wie soll sie ihren Angehörigen und ihrem besten Freund Zeb erklären, dass sie nun eine Vampirin ist? Warum muss sich Zeb ausgerechnet in eine überaus hübsche Werwölfin verlieben? Wie arrangiert man sich mit dem Geist der Lieblingstante, der im geerbten Haus spukt? Wie begegnet man den unerwünschten Flirtversuchen von Richard Cheney, einem Vampir, mit dem Jane gern – aber nicht über einen bestimmten Punkt hinaus! – befreundet wäre? Wer steckt hinter dem Mord an einem Vampir, mit dem sie eine Auseinandersetzung hatte, und will ihr die Tat in die Schuhe schieben?

„Nette Mädchen beißen nicht“, ist der Debüt-Roman der Journalistin Molly Harper und der erste Band ihrer bislang vierteiligen „Jane Jameson“-Reihe. Die Autorin siedelt die Handlung ihres Buches in ihrer Heimat Kentucky an und nähert sich dem Thema auf humorige Weise. Ihr Stil lässt sich in etwa mit dem von Victoria Laurie („M. J. Holliday: Geisterjägerin“) vergleichen und ist somit amüsant und unterhaltsam, gleitet aber nicht zum Klamauk ab wie beispielsweise der von Mary Janice Davidson („Betsy Taylor“). Man muss sich eingangs ein wenig an das Schwafeln der Protagonistin gewöhnen, die alles ironisch kommentiert und auch Nebensächlichkeiten durch kurze Rückblenden erläutert, um eine Beziehung zwischen den individuell beschriebenen Charaktere und dem Leser aufzubauen. Nach einer Weile kommt man damit klar – zumal es nicht die einzige Paranormal Romance auf dem Markt ist, die modern, frech und witzig auf ein weibliches Publikum ab 15 Jahre zugeht, das sich mit der Hauptfigur identifizieren soll. Diese ist eigenwillig und sympathisch, sie wartet mit einer Mischung aus Unabhängigkeit und Sehnsucht nach einem ‚starken Beschützer‘ auf, schwankt zwischen Trauer um den Verlust ihrer Menschlichkeit und zunehmender Akzeptanz ihrer neuen Daseinsform und schafft den Balanceakt teils dank der Hilfe ihrer Freunde, teils aufgrund ihrer eigenen Hartnäckigkeit. Es gelingt der Autorin, Jane nicht zum Super-Vampir mutieren zu lassen, und das ist einer der Pluspunkte des Romans.

Überdies fügt sie dem Blutsauger-Mythos eine weitere Facette hinzu: Die Vampire und andere Wesen hatten ihr Coming-Out und integrieren sich seither mehr oder weniger in die menschliche Gesellschaft (wie auch in Charlaine Harris‘ „Sookie Stackhouse“- oder Sharon Ashwoods „Dark Magic“-Serie). Zum Beispiel haben sie einige der legendären Schwächen wie Licht- und Feuerempfindlichkeit behalten, doch vor religiösen Symbolen und Knoblauch müssen sie sich nicht fürchten; sie sind nicht auf das Blut lebender Menschen angewiesen, sondern können sich auch von synthetischem oder Tierblut ernähren, wodurch sie keine unmittelbare Bedrohung darstellen und Romantikerinnen dazu einladen, von einem ewigen Leben an der Seite eines schönen, kuscheligen Vampirs zu träumen.

Natürlich nimmt die Romanze, die sich langsam zwischen Jane und Gabriel entwickelt, ihren Platz auf den rund 350 Seiten ein, doch wird darüber die eigentliche Handlung nicht vergessen, die sich mit den Regeln der Vampir-Gesellschaft, Janes Probleme, sich mit ihrer Wandlung und den damit verbundenen Veränderungen zu arrangieren, und natürlich dem geheimnisvollen Angreifer befasst. So wird das Setting festgelegt beziehungsweise Janes Charakter definiert und Spannung in die Geschichte getragen.

Alles in allem ist „Nette Mädchen beißen nicht“ ein in sich abgeschlossener, vielversprechender Auftaktband einer neuen Reihe, an der vor allem die Freunde spannender und pfiffiger Romantic Mystery ihren Spaß haben dürften.