Maud Woolf: Die 13 Tode der Lulabelle Rock (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 03. Dezember 2024 18:39
Die 13 Tode der Lulabelle Rock
(Thirteen Ways to Kill Lulabelle Rock, 2023)
Übersetzung: Ruggero Leo
Tor, 2024, Hardcover, 336 Seiten, 20,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Man himmelt sie an, die Celebrities. Überall stößt man auf ihr Konterfei, folgen ihnen Scharen von Bewunderern und Paparazzi. Für die Stars selbst, ist das nervig und stressig. Da kommt es gut, dass eine findige Firma Klons herstellt, die die lästigsten Aufgaben für einen übernehmen können. Foto-Shooting in der glühenden Wüste? Ein Porträt darf schwitzen; Auftritt im ewigen Eis? Ein Klon darf sich die Zehen und Finger abfrieren.
Lulabelle Rock hat hart an ihrem Image gearbeitet, sie ist den schweren Weg zu Ruhm und Reichtum gegangen. Jetzt ist sie am Zenit angekommen, hat aus sich eine Marke gemacht. Auf ihrem Weg hat sie die Hilfe von diversen Porträts in Anspruch genommen - genauer gesagt, rennen da ein ganzes Dutzend Lulabelles herum. Zuviele, die müssen weg und dies schleunigst.
Fluchs also einen dreizehnten Klon geschaffen und mit dem Auftrag, ihre Schwestern aus dem Tank umzubringen, Richtung Bubble City in Bewegung gesetzt. Rechtlich ist das zulässig; kein Mord, sondern nur eine Entsorgung eines rechtlosen Besitzobjekts. Und die Schlagzeile, die so etwas auslösen wird? Das ist kostenlose Werbung; ergo kann Lulabelle eigentlich nur gewinnen. Was die Sache für ihren 13. Klon nicht wirklich besser oder einfacher macht…
Tor offeriert uns hier ein schmales Hardcover, das uns in eine Umgebung entführt, die in mir, insbesondere wenn wir unserer Erzählerin in die Nacht folgen, Reminiszenzen an die Welt des „Blade Runner“ weckte. Allerdings bleibt die Zeichnung dieser Bühne, auf der die Handlung rasant abläuft, leider recht diffus.
In der ersten Hälfte des durchaus unterhaltsamen Romans, lernen wir die Handlungsorte zusammen mit unserer Erzählerin kennen. Da diese gerade „geboren“ wurde, können wir durch ihre unschuldigen, neugierigen Augen die Umgebung entdecken. Im Verlauf des Plots sinnt unsere Protagonistin dann zunehmend über ihren Auftrag nach. Ist es zulässig, andere denkende Wesen, gleich ob natürlich geboren oder im Tank geschaffen, umzubringen? Ihr Denken, ihre Hoffnungen, ihr Schicksal abrupt zu beenden? Ist sie für ihren Job als Assassine überhaupt geeignet?
Eigentlich sollte sie, ohne ihren Auftrag groß zu hinterfragen, ja ohne überhaupt etwas dabei zu empfinden, ihre Hits ausführen - fertig, Task erfolgreich beendet. Dass sie ihre Mission hinterfragt, war nicht vorgesehen.
Im Verlauf der Aufträge lernt sie ihre „Schwestern im Tank“ kennen, beginnt sich aber auch immer mehr für ihr Original zu interessieren. Der Ton des Buchs ändert sich hier immer mehr. Was als geradlinig erzählte Geschichte von 12 Morden beginnt, das nimmt nachdenkliche, beinahe philosophische Züge an. Dies geht zulasten des Handlungsbogens, das Finale lässt einen dann eher nachdenklich zurück.
So ist dies ein Roman, der bei mir ambivalente Gefühle hinterlassen hat. Einem rasanten Auftakt mit „Blade Runner“-Vibes folgt ein philosophisch-nachdenklicher zweiter Teil, das Ende bleibt unbefriedigend offen.