Stefanie Lasthaus: Rapunzels finsterer Turm (Buch)

Stefanie Lasthaus
Rapunzels finsterer Turm
Heyne, 2024, Hardcover, 432 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Das Schicksal kann schon grausam sein. Da stirbt Florie Deverells ehemaliger Freund, mit dem sie nach wie vor die Wohnung teilt, überraschend. Fahrradkuriere leben gefährlich, der Unfallverursacher flieht unerkannt. Flo ahnt, nein sie weiß, dass sie etwas an ihrem ihr so sinnlos vorkommenden Leben ändern muss.

So kündigt sie kurzerhand ihren Job im Tattoo-Studio - doch jetzt, wie weiter, wohin nur soll sie? Ein Werbe-Flyer bringt die Lösung: Da sucht doch ein Hotelbetreiber im abgelegenen Westmill jemanden, der ihm beim Empfang der Gäste zur Hand geht - Unterkunft ist im Job inkludiert. Passt für beide Seiten, also nichts wie umgezogen.

Gute Luft gibt’s kostenlos dazu, und recht schnell macht Flo dann die Bekanntschaft von anderen jungen Frauen, die ebenfalls kürzlich zugezogen sind.

Während einer kurzen Wanderung trifft sie dann eine merkwürdige Alte. Gothel scheint aber im Ort unbekannt zu sein, lebt sie doch inmitten des Waldes in einer einsamen Hütte in der Nähe eines alten Turms.

Dann wird es langsam, nein eigentlich rapide merkwürdig, unheimlich, gefährlich. Sowohl ihr Arbeitgeber als auch Gothel entpuppen sich als weit vielschichtiger und gefährlicher, als je vermutet.


Heyne legt auch die dritte Veröffentlichung der Verfasserin erneut als stilvoll gestaltetes kleinoktaves Hardcover auf. Wie zunächst nur von Liebhaber-Verlagen wie der Bücherbüchse propagiert, ziert ein wunderbar, das Covermotiv aufnehmender Buchschnitt den Band, hebt den Titel aus dem monatlichen Allerlei, das uns in den Buchhandlungen erwartet, heraus.

Lasthaus hat sich, ähnlich wie Christina Henry bei Blanvalet, ein klein wenig auf moderne, dunkle Versionen klassischer Märchen spezialisiert. Nach Frau Holle und Schneewittchen nun also eine weirde Version von Rapunzel.

Die wenigen Figuren sind interessant gezeichnet, wir schlüpfen leicht in die Haut unserer Protagonistin. Allerdings muss die Leserin respektive der Leser ein wenig Sitzfleisch mitbringen. Der Beginn des Romans – fast das erste Drittel desselben - startet recht geruhsam. Hier lässt sich die Autorin Zeit uns Figuren und Orte vorzustellen, Atmosphäre aufzubauen. Danach zieht das Tempo merklich an, es wird dunkel und dramatisch.

Eine gewisse Vorhersehbarkeit ist dem Plot zu attestieren, ansonsten aber kann die Geschichte durchaus unterhalten und in ihren Bann ziehen. Stilistisch eher unauffällig ausgeführt wartet so ein Roman auf uns, der geschickt Elemente des klassischen Märchens mit denen eines Horror-Plot verbindet, dabei versiert, ohne großen Tiefgang, unterhält.