Robyn J. Ashton: Das dunkle Spiel - Amboss & Feder (Buch)

Robyn J. Ashton
Das dunkle Spiel - Amboss & Feder
2024, Paperback, 484 Seiten, 19,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

High-Fantasy-Geschichten sind nicht länger en vogue. Man muss sich als Leser, der dieses Sub-Genre goutiert, schon mühsam durch die Novitäten-Angebote der Konzernverlage arbeiten, um rares, entsprechendes Lesefutter zu entdecken. Das eröffnet naturgemäß den Nischenverlagen und Selbstverlegern die Chance, auf diesem Gebiet zu punkten.


Robyn J. Ashton entführt uns in ihrem Reihenauftakt in eine archaische Welt. Vor Generationen betraten die Athannan Daskonien, ein Land, das aus unterschiedlichen Clan-Gebieten bestand. Im Gepäck hatten sie bis dato handwerkliche Fertigkeiten, mystisches Wissen, eine gemeinsame Sprache und Schrift. Durch ihren langanhaltenden Einfluss reiften und prosperieren die vier Stämme, gründeten ein gemeinsames Reich und lebten - lange - in Frieden. Sämtliche Entscheidungen, die die Struktur des Zusammenlebens von Grund auf verändern würden, müssen, das haben sie vereinbart, gemeinsam getroffen werden.

Nun aber drängt König Thyron von Thalondia auf die vereinbarte Hochzeit zwischen dem Herrscher Draskoniens und seiner Tochter. Dieser Coup ermöglicht ihm nicht nur den lange angestrebten Zugang zu dem reichen Land und seinen Handelswegen, vereinbart ist auch, dass binnen fünf Jahren die Bevölkerung ihren alten Glauben aufgibt und zu dem einen Gott konvertiert. Priester und Klöster sollen missionieren, die alte Religion um die Athannen soll ausgemerzt werden.

König Rian hat die Wahl zwischen Skylla und Charybdis - entweder den alten Wegen abschwören, oder die übermächtige Macht von jenseits der Meere vor seiner Burg in blutigem Kampf willkommen heißen.

Im Zentrum der Handlung stehen drei Menschen. König Rian, der das Wohl des Reiches über sein Glück und seine Freundschaft stellt, dessen bester Freund und Ehemann der Herrscherin eines der Clans und eben diese, eine Drui (Heilerin/Priesterin). Sie alle werden bedrängt von Ränken schmiedenden Mächtigen, von Verrätern, Speichelleckern und Kriegstreibern, nicht zuletzt aber von Eiferern, die zum Erreichen ihrer Ziele bereit sind, jeglichen Anstand, Sitte und Moral über Bord zu werfen…


Robyn J. Ashton erzählt uns eine Geschichte, die ergreifend, blutig, ja grausam real wirkt. Es geht um Politik - ein wahrlich schmutziges Geschäft, ein Zeitvertreib der Mächtigen, das immer, insbesondere wenn mit Religion gepaart, das Schlechteste im Menschen zum Vorschein bringt. Und so ist es auch vorliegend: Eine zunächst paradiesisch scheinende Welt wird von persönlicher Machtsucht, von dem Einknicken gegen das vermeintlich kleinere Übel, von gnadenlosen Aggressoren und Ränkeschmieden überrollt.

Hier begegnen uns Menschen, die versuchen das Richtige zu tun, die mit aller Macht zu verhindern suchen, dass ihre Mitmenschen, ihre Untertanen zu viel leiden - und an persönlicher Gier, Geltungs- oder Sendungsbewusstsein scheitern.

Es ist ein faszinierend real wirkendes Bild, das sich hier zeigt. Ein Bild, das aus der Sicht der Handelnden, insbesondere der Frauen, bestimmt wird, aber auch immer wieder aus Sicht der Göttin in einen größeren Kontext gesetzt wird.

Hier geht es um Freundschaft, Loyalität - beziehungsweise dem Mangel dieser -, um Verrat und um Machtspiele. Dabei werden die Figuren wunderbar glaubwürdig gezeichnet, ihre jeweilige Motivation herausgearbeitet, die moralischen Aspekte abgedeckt und die Automatismen, wenn eine Entwicklung einmal in Gang gesetzt, kaum aufzuhalten ist, aufgezeigt.

Wir begleiten unsere Handlungsträger von ihrem frühen Erwachsenenalter, ihrer verbindenden Freundschaft bis ins Alter, erleben mit, wie ihre Kinder dann den Konflikt erben und den Streit fortführen. So entwickelt die Verfasserin ihre Figuren immer weiter - der Vergleich mit George R. R. Martins „Game of Thrones“ ist nicht ganz von der Hand zu weisen, wobei Ashton die „Sexualisierung“ ihrer Story vermeidet.

Das ist packend, ergreifend, und faszinierend, wendet sich an Fans von „Game of Thrones“ und bietet sich flüssig und packend lesbar an.