Max Valier: Spiridion Illuxt & Die Fahrt ins All (Auf kühner Fahrt zum Mars) (Buch)

Max Valier
Spiridion Illuxt & Die Fahrt ins All (Auf kühner Fahrt zum Mars)
Neuausgabe der 1919 bzw. 1927 erschienenen Novellen in einem Band
Verlag Dieter von Reeken, 2024, Paperback, 104 Seiten, 12,50 EUR

Rezension von Ulrich Blode

Bereits im Alter von fünfzehn Jahren begann der Rakete-Pionier und Schriftsteller Max Valier seine astronomischen Beobachtungen aufzuzeichnen und verfasste mit siebzehn Jahren die Münchhausiade „Vom Mars zur Erde“, wie er in seinem Tagebuch vermerkte.

Valier wurde am 9. Februar 1895 in Bozen, Südtirol, geboren. Nach Absolvierung der Mittelschule begann er 1913 an der Innsbrucker Universität Astronomie zu studieren. Sein Studium wurde durch den Militärdienst, zuerst bei der Infanterie und später bei der Luftwaffe, im Ersten Weltkrieg unterbrochen. 1916 lernte er Paul Hörbiger kennen, dessen Vater Hanns Hörbiger vertrat die (pseudowissenschaftliche) Welteislehre, nach der die meisten Himmelskörper aus Eis bestehen sollen.

Als Herman Oberth (1894-1989) das Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“ (1923) veröffentlichte, zeigte Valier sofort Interesse, diese wissenschaftliche Abhandlung einem breiteren Publikum vorzustellen. Ende 1924 erschien mit Zustimmung Oberths das populärwissenschaftliche Buch „Der Vorstoß in den Weltenraum“, das aber etliche Fehler enthielt. Dennoch fand diese allgemeinverständliche Einführung in die Ideen der Raumfahrt zahlreiche Leser. Bis 1930 folgten fünf weitere aktualisierte Auflagen.

Während Valier öffentlichkeitswirksam für die Rakete warb und 1927 mit seinen mittlerweile erfolgenden Raketenversuchen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, begann Oberth seinen Kollegen zu kritisieren, weil dieser Oberths Thesen falsch wiedergebe.

Am 5. Juli 1927 kam es zur Gründung des Vereins für Raumschifffahrt in Breslau. Anstelle von Valier, der aus Zeitgründen ablehnte, wurde Johannes Winkler zum Vorsitzenden gewählt. Dem Verein gehörten namhafte Raumfahrt-Pioniere an, unter anderem Walter Hohmann, Franz von Hoefft, Rudolf Nebel, Hermann Noordung, Hermann Oberth (1. Vorsitzender 1929 bis 1930), Guido von Pirquet, Klaus Riedel und später auch Wernher von Braun. Der Verein unterstützte noch vor dem Beginn der staatlichen Raumfahrt die Entwicklung einer Rakete nach Oberths Ideen. Auch wurde die Zeitschrift „Die Rakete“ herausgegeben, in der neben wissenschaftlichen Texten Valiers Erzählung „Die Fahrt ins All. Eine kosmische Phantasie“ erschien, die später als eigenständige Publikation „Auf kühner Fahrt zum Mars“ vom Verein publiziert wurde.

Valier wollte schrittweise den Weltraum erobern: den Raketen-Autos sollten raketengetriebene Flugzeuge und schließlich die Weltraum-Rakete selbst folgen. Die ersten öffentlichen Versuche fanden am 11. und 12. April 1928 auf der Rennbahn der Opel-Werke bei Rüsselsheim statt.

Der von Friedrich Wilhelm Sander, Fritz von Opel und Valier gebaute Rennwagen RAK 1 mit Pulver-Raketenantrieb erreichte 138 Kilometer pro Stunde. Das von der Adam Opel AG in Rüsselsheim entwickelte Raketen-Auto RAK 2, das von 24 Feststoff-Raketen angetrieben wurde, erreichte auf der Berliner Avus sogar eine Geschwindigkeit von 230 km/h. Schließlich erzielte am 23. Juni 1928 die unbemannte RAK 3 den Geschwindigkeitsrekord für Schienenfahrzeuge auf der „Hasenbahn“ bei Burgwedel mit 254 km/h.

Am 7. Mai 1930 kam es während eines Raketen-Tests zu einer Explosion und ein Stahlsplitter verletzte Valier tödlich an der Lungenschlagader. Mit gerade 35 Jahren verstarb er in Berlin und wurde am 23. Mai 1930 auf dem Münchner Westfriedhof beigesetzt.

Von Max Valier sind zwei Erzählungen erhalten geblieben, von denen „Spiridion Illuxt“ zu Ostern 1919 erschien und die er an Vortragsabenden verkaufte.


Die Figur Spiridion Illuxt ist ein Universalgelehrter, der einen nicht näher erklärten Hass gegen Menschen hegt. In seiner Boshaftigkeit korrumpiert und ermordet Illuxt seit seiner Jugend die Menschen. Als eines Tages ein schönes Mädchen seine kindische Liebe verschmäht, schwört er Rache zu nehmen und die gesamte Erde zu vernichten. Bemerkenswert hierbei ist die Beschreibung einer atomaren Kettenreaktion, die Valier als „sympathische Explosion“ beschreibt und die Illuxt selbst zum Verhängnis wird. Das Welten-Ende will Spiridion Illuxt nämlich von seinem Raumschiff, das mit dem neuen Element Aurhodium ummantelt ist, aus betrachten. Doch die Elemente der Superbombe auf seiner Forschungsinsel formen sich in Folge der Kernverschmelzung selbst in Aurhodium um, so dass die Explosion nur auf sein Raumschiff überspringt und die Menschheit verschont.


Max Valiers Erzählung „Auf kühner Fahrt zum Mars“ ist aus technikgeschichtlicher Sicht weitaus interessanter und schildert die Zwischenlandung auf dem Mond für eine letztlich nicht realisierte Marslandung. Dieser erste Weltraumflug mit einer Rakete ist zudem vollständig privat finanziert. Die wissenschaftlichen Beschreibungen nehmen den meisten Raum ein. Dazu gehören der Aufbau der Rakete, Beschleunigungs- und Abbremsmanöver, die lange und psychisch belastende Flugdauer sowie astronomische Erläuterungen. Valier bezieht sich dabei in mehreren Punkten auf Oberths Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“. Beispielsweise haben der Ingenieur und seine Mitreisenden vor dem Start in einer Zentrifuge trainiert, um die „Widerstandsfähigkeit gegen hohen Andruck“ festzustellen. Als die Vorbeifahrt an einem Kometen zu Beschädigungen an der Rakete führt, ist an eine Landung auf dem Mars nicht mehr zu denken. Stattdessen schwenken die Reisenden nur am Planeten vorbei und gewinnen so neue Erkenntnisse über dessen Atmosphäre.


Ein Jahr nach Valiers Tod erschien „Auf kühner Fahrt zum Mars“ als Übersetzung in dem Magazin „Wonder Stories“. Der Herausgeber Hugo Gernsback bezeichnete Max Valier als „the first man to give his life to rocketry“.

 

Ein Hinweis: Zeitgleich mit den beiden Erzählungen Valiers ist passenderweise ein Nachdruck der Zeitschrift „Die Rakete. Zeitschrift des Vereins für Raumschifffahrt e. V.“ (1927-1929) im Verlag Dieter von Reeken ersc