Ann-Kathrin Wasle: Das Lied des Gaukelspielers (Buch)

Ann-Kathrin Wasle
Das Lied des Gaukelspielers
2020, Hardcover, 624 Seiten, 28,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Mit ihrer „Nachtschatten-Gewächse“-Serie hat sich Ann-Kathrin Wasle in die Herzen ihrer Fans geschrieben, bei „Das Lied des Gaukelspielers“ geht sie wie in „Rungholt“ einen anderen Weg. Denn hier verbinden sich historische Ereignisse mit einigen mystisch-magischen Details.


Irgendwo in Deutschland zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Balthasar erwacht ohne Erinnerung in einem zerstörten Dorf und ist scheinbar der einzige Überlebende. Von einem Gefühl der Schuld getrieben macht er sich auf eine Suche nach Antworten, ohne zu wissen, wo der diese finden soll.

Sein Weg führt ihn durch das kriegsgeschüttelte Mitteleuropa bis nach Venedig, das von der Pest heimgesucht wird. Er sieht Leid und zerstörte Städte, sucht die Einsamkeit in den Bergen und kommt mit der Inquisition in Berührung, aber die Antworten liegen letztendlich genau da, wo alles begann.

Dazu kommt auch noch, dass er eine außergewöhnliche Gabe besitzt, die es ihm erleichtert, mit den Menschen zurechtzukommen, kann er doch Illusionen erschaffen, die eine Weile Bestand haben. Obwohl er gelegentlich Gutes tut, so weiß er doch nicht wirklich, wie er damit umgehen soll und das macht ihn zu einem Getriebenen, der es nie wirklich lange an einem Ort aushält.


Die Autorin erzählt quasi die Lebensgeschichte Balthasars, nutzt aber nicht nur ihn, um diese Zeit zum Leben zu erwecken. Dabei streift sie die großen Schlachten und auch die Grausamkeiten der marodierenden Söldnerheere nur am Rande, ihr ist wichtiger, sich auf die Menschen zu konzentrieren, die mit den Glaubenskämpfen und der angespannten Lage leben müssen, auch wenn sie vielleicht viele Jahre lang verschont bleiben.

Das öffnet natürlich auch Fanatismus und Aberglauben Tür und Tor; beides wird sehr lebensnah und bodenständig beschrieben und dadurch besser verständlich und nachvollziehbar.

Aus dem Themenkreis bricht nur ein wenig die Episode in Venedig, in der ganz andere Dinge Probleme machen.

Auch wenn die Geschichte episodenhaft wirkt und Manches als Erzählung zusammengefasst wird, so schließt sich am Ende doch der Kreis und man erfährt letztendlich, was Balthasar zu einem Wanderer gemacht hat und warum er bis zuletzt ein Getriebener ist.

Das Ganze wird mit einem Hauch von Mystik und Magie garniert, beides sehr dezent eingesetzt, so dass der historische Anteil überwiegt und ein lebendiges Stimmungsbild der Zeit im Kleinen schafft und so den Lesern das Leben der einfachen Leute während des lange währenden Krieges näherbringt. Denn die Autorin bleibt bewusst ganz bei den einfachen Menschen, auch wenn ihre Hauptfigur gelegentlich mit Mächtigen in Berührung kommt, und erweckt so das Kino im Kopf zum Leben. Und man merkt zudem, dass sie in dieser Hinsicht sehr sauber und detailliert recherchiert hat.

„Das Lied des Gaukelspielers“ ist ein eigenwilliger Historischer Roman, der sich auf das Leben der Bevölkerung während des Dreißigjährigen Krieges konzentriert und dieses sehr lebendig und stimmungsvoll umsetzt, die Handlung ist auch noch gewürzt mit einem Schuss Mystik und Magie.