Anette Schaumlöffel: Eine zweite Chance (Buch)

Anette Schaumlöffel
Eine zweite Chance
2023, Paperback, 416 Seiten, 16,80 EUR

Rezension von Christel Scheja

Eine zweite Chance ist das, was die Menschheit verdient. Oder vielleicht doch nicht? Dieser Frage geht Anette Schaumlöffel in ihrem Science-Fiction-Roman nach, der in einer fernen Zukunft beginnt, aber auch eine Brücke zur Vergangenheit schlägt. Zeitreisen sind mit im Spiel - aber anders als erwartet.


Zweihundert Jahre nach unserer Zeit ist die Erde nur noch ein lebensfeindlicher Eisklumpen im All. Die Menschheit hat ihre Heimat zerstört, und so bleibt für die Überlebenden nur noch die Flucht ins All, wie auf der „Long“, die nur die Reichen und Mächtigen aufgenommen hat.

Doch eine Gruppe wagemutiger Außenseiter, Kinder und Überlebenskünstler, macht sich mit der „Yoda“, einem umgebauten Raumfrachter ebenfalls auf den Weg, eine neue Heimat zu finden. Mit sich nehmen sie auch noch etwas, was auf dem anderen Schiff fehlt: Idealismus und Hoffnung.


Aber das ist nicht die einzige Chance, die die Menschheit bekommt, denn in der Jetztzeit beginnt eine zeitreisende KI, das Leben zweier junger Menschen zu beeinflussen. Jane stammt aus gutem Hause und hat eigentlich nicht viel mit Jeremy am Hut, der sich mit den Behörden und einer alkoholkranken Mutter herumschlägt. Beide werden jedoch zu den Schlüsselfiguren, die das Ruder für die Erde noch einmal zum Besseren herumreißen könnten, wenn sie verstehen lernen, was ihnen die KI durch verschiedene Sprünge in der Zeit vermitteln will.

Auch wenn die Erde nach einer Apokalypse, Raumschiffe, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, und auch Zeitreisen eine Rolle spielen, so liegt das Hauptaugenmerk des Romans doch auf den ganz unterschiedlichen Charakteren, und davon gibt es reichlich. Denn auf der „Long“ bekommt man neben einigen Wissenschaftlern auch einen Eindruck von denen, die aus dem Ende ihres Heimatplaneten scheinbar nichts gelernt haben und nur noch weiter nach Macht und Profit streben, auf der „Yoda“ findet man hingegen die Idealisten und Träumer, die aus wenig viel erschaffen und vor allem den Wunsch in den Herzen tragen, es besser zu machen, wo immer sie auch landen werden.

Und nicht zuletzt gibt es einen interessanten Einblick in eine Gegenwart wie wir sie nur allzu gut kennen, in der Umwelt- und Klimaschutz, die Verantwortung jedes Einzelnen zwar immer wieder Thema sind, aber immer noch mit Füßen getreten werden. Dadurch spricht die Autorin immer wieder wichtige Dinge an, die auch zum Nachdenken anregen.
Die Handlung springt zwischen den verschiedenen Schauplätzen hin und her, manchmal so unvermittelt, dass man schon aufpassen muss. Zudem scheint die Gegenwart mit den Teenagern erst einmal ganz aus dem Zusammenhang gerissen. Aber nach und nach werden die verschiedenen Ebenen geschickt miteinander verbunden, so dass am Ende ein rundes Bild entsteht und sich die ganzen Andeutungen und Hinweise auch noch wunderbar zusammenfügen.

Die Geschichte selbst wird immer wieder mit lebendigen Alltagsszenen aufgelockert, hat aber auch ernste und spannende Momente. Alles in allem verbreitet sie trotz der dystopischen Zukunftsvision auch Hoffnung und vermittelt ohne erhobenen Zeigefinger die Botschaft, dass noch die Chance besteht, alles zum Besseren zu wenden.

„Eine zweite Chance“ bietet all das, was die Science Fiction so besonders machen kann: eine Zukunft die zwar düster aussieht, in der es aber auch noch Chancen und Wege gibt, dem endgültigen Untergang mit Idealismus, Träumen und Mut zu entgehen, aber auch der Ermahnung, dass wir in der Gegenwart auf die mahnenden Stimmen hören und es besser machen sollten, um es gar nicht erst zum Untergang kommen zu lassen.