Felix Woitkowski: E/Meth (Buch)

Felix Woitkowski
E/Meth
Titelbild: Falpico
Edition Dunkelgestirn, 2024, Hardcover, 210 Seiten, 30,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Gregor ist eingeschlossen. Seit einer undenkbar langen Zeit verweilt er schon in einem Raum, bekommt ab und an einen Brei, ansonsten bleibt er sich selbst überlassen. Die Wächter versteht er nicht, er ist ganz auf sich selbst reduziert.

Eines Tages, Gregor ist kaum mehr bei Sinnen, öffnet sich ein heller Spalt in einer Wand seiner Zelle - eine Stimme ruft und fordert ihn auf, herauszukommen.

Er tritt ein in eine Welt, die aus Gängen besteht - Gänge, die sich scheinbar ohne jegliches Ziel oder Ordnung mäandern, Gänge, die man aufbrechen kann und so zu neuen, anderen Gängen kommt. Es erwartet Gregor ein Labyrinth in Weiß, ein Leidensgenosse namens Einbein, eine Welt ohne Ziel, ohne Herrscher, ohne Ordnung - oder ist er selbst, sein Geist, sein Selbst das Ziel, das es gilt zu erforschen?

 

Der neueste Titel der Edition Dunkelgestirn ist etwas Anderes, etwas Neues. Schon die äußere Gestaltung weist darauf hin. Neben den wunderbar passenden farbigen Illustrationen von Falpico (d.i. Heiko Schulze), wurde das Buch in Crinkle-Buchleinen gebunden, mit Lesebändchen und goldgeprägtem Titel auf dem Rücken versehen - die handwerklich vorbildliche Ausstattung kennen wir bereits aus den anderen Veröffentlichungen des Verlags.

Inhaltlich wartet ein Text auf den Leser, der sehr surreal auf mich wirkte. Das ist kein stringenter Handlungsplot, das wirkt eher wie der Aufzug verschiedenster Bühnenbilder in Textform, die den Leser in eine Welt entführen, die mehr der inneren Leere eines traumatisierten, depressiven Menschen entsprechen. Das ist weit von den üblichen Szenarien der gängigen Weird Fiction entfernt, fordert den Leser auf, sich auf diese Welt, die Gedanken und Wirrungen des Erzählers einzulassen, verstört eben durch die beschriebene Umgebung. Auf den ersten Blick wirken die weißen Wände glatt, fugenlos, beständig und immer fortdauernd, bei genauerem Hinsehen gibt es Schichten, die sich lösen lassen, Löcher, die zu neuen Gängen (Zielen) führen - ein Spiegelbild eines menschlichen Geistes.

Das ist beileibe keine einfache, schnelle Lektüre. Der Roman fordert, ja zwingt dazu, sich für ihn Zeit zu nehmen, sich auf das Beschriebene - so diffus es zu Beginn wirkt - einzulassen, dies zu hinterfragen und sich selbst einzubringen. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber ebenso unzweifelhaft ein Werk, das verstört, das beklemmend wirkt und somit bei der Edition Dunkelgestirn richtig beheimatet ist.