Rachel Caine: Papier und Feuer - Die Magische Bibliothek 2 (Buch)

Rachel Caine
Papier und Feuer
Die Magische Bibliothek 2
(The Great Library - Paper and Fire, 2016)
Übersetzung: Maike Hellmann
Heyne, 2024, Hardcover, 492 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Willkommen in einer Welt, in der Bücher alles sind, Wissen gefährlich ist und die Bibliothek ein despotischer Herrscher.

Sind Sie jetzt verwirrt? Nun, eigentlich ist dies, wie im Übrigen fast alles, einfach - wenn man weiß, was dahintersteckt: Einst gründeten die Pharaonen die Bibliothek - ein Hort des Wissens, der ihnen zur Verfügung stehen und ihre Macht sichern und vermehren sollte. Doch dann entschieden die Archivare der Bibliothek, dass das Wissen nicht nur dem Herrscher, sondern allen Menschen zugänglich sein sollte. Ein hehrer Vorsatz, der in den Jahrhunderten danach dazu führte, dass ein Jeder ein Blankobuch erhält, in das er alle zugänglichen Bücher der Bibliothek laden und lesen kann. Der private Besitz von papierenen Büchern ist streng verboten.

Haben Sie im vorletzten Satz das Wörtchen zugänglich bemerkt? Nun, ist ja auch einzusehen, dass gefährliche Bücher - etwa über das Herstellen von Sprengstoff oder der Auslösung von Seuchen - unter Verschluss gehalten werden. Inzwischen aber hat sich, wie so oft, eine eigentlich gute Idee verselbstständigt. Der Archivar, der de-facto-Herrscher der Welt, unterdrückt alle, die nach Freiheit streben mit brutalen Mitteln. Das müssen vier ehemalige Rekruten der Bibliothek und ihre Ausbilder am eigenen Leib mehr als schmerzvoll erfahren.

Thomas, ein junger Deutscher, ein Genie, was das Erfinden von Maschinen anbetrifft, hat damals etwas Unerhörtes, etwas Verbotenes gemacht. Zusammen mit dem in die Bibliothek eingeschleusten Spion und Bücherschmuggler Jess hat er doch glatt eine Maschine entworfen, mit deren Hilfe man ganze Seiten auf einmal mit auswechselbaren Lettern drucken kann. Kurz darauf erfahren seine Kameraden, dass er einem blutigen Unfall zum Opfer fiel: allein, Jess stößt auf Hinweise, dass Thomas sehr wohl noch am Leben und in Rom ist und in dem tiefsten Kerker der Bibliothek angekettet gefangengehalten wird. Es ist klar, sie müssen ihre mühsam erworbene Stellung innerhalb der Bibliothek aufgeben, werden von geachteten Mitgliedern des Machtapparats zu Verfolgten - wenn sie denn die Rettungsmission überhaupt überleben. Doch Thomas im Stich lassen - das wollen, das können sie nicht…


Die 2020 viel zu früh verstorbene Rachel Caine hat mit ihrer fünfteiligen Reihe um die Magische Bibliothek Neuland betreten. Statt wie wir dies aus ihren anderen Büchern gewohnt waren, im phantastisch aufgepeppten Hier und Jetzt auf Urban-Fantasy-Wegen zu reisen, verlegte sie ihre Handlung in einer Parallelwelt des Jahre 2025. Und hier greift sie wichtige Themen auf: da geht es um Freiheit, um Gleichberechtigung, um den Kampf gegen Despoten, aber auch um Kameradschaft und Vertrauen. Ein klein wenig Romantik fließt am Rande recht dosiert auch mit ein, ansonsten konzentriert sich die Verfasserin auf ihren Plot. Hier wechseln sich rasante Jagden und Kämpfe mit eher ruhigen Passagen ab, in denen der Hintergrund weiter ausgeführt wird und sich unser Bild des Ist-Zustands der Machtpyramide verfestigt.

Wieder gelingt es Caine, uns ihre unterschiedlichen Bühnen vor unserem inneren Auge Gestalt annehmen zu lassen. Das beschriebene Rom, das Grab Alexanders - hier mischt sie Erfundenes mit Realem. Die Figuren sind im Wesentlichen eingeführt, so dass sie vorliegend an die Feinzeichnung derselben gehen kann.

Erneut hat der Verlag keine Mühe gescheut, das Buch aus dem Gewohnten hervorzuheben. Ein wunderbar passendes, geprägtes Cover, Hardcover-Bindung, dazu Rundum-Motivfarbschnitt, das weckt das Interesse in den Buchhandlungen. Natürlich endet das Buch mit einem dramatischen Finale - warten wir auf Band 3, „Asche und Feder“ den uns der Verlag im August kredenzen wird. Ob die Bände 4 und 5 auch von Heyne publiziert werden, ist derzeit noch nicht abschließend entschieden.