Christina Henry: Böse Mädchen sterben nicht (Buch)

Christina Henry
Böse Mädchen sterben nicht
(Good Girls don‘t Die, 2023)
Übersetzung: Sigrun Zühlke
Titelbild: Isabelle Hirtz
Penhaligon, 2024, Hardcover, 428 Seiten, 22,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Im neuesten Buch von Fantasy-Märchen-Queen Christina Henry erwarten uns zunächst drei Handlungsstränge, jeweils von der Länge einer Novelle, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben.


Celia kommt eines Morgens in ihrer häuslichen Idylle zu sich; ihre Tochter wartet auf ihr Pausenbrot, der Mann ist wie immer hektisch auf dem Weg in die Anwaltskanzlei, sie selbst sollte sich um das von den Eltern übernommene italienische Restaurant in der Kleinstadt kümmern - Moment! Sie ist verheiratet, hat einen Mann und ein Kind? Irgendetwas fühlt sich für sie da falsch an.
Als dann auf dem Parkplatz hinter dem Restaurant die Nachbarin mit durchschnittener Kehle aufgefunden wird, soll sie auch noch für einen Mord verantwortlich sein? Immer mehr Erinnerungen aus ihrem früheren, wahren Leben tauchen auf, Ungereimtheiten fallen ihr auf. Sie flieht, bis zu einer die Ortschaft umschließenden großen Mauer.

Allie ist als Streberin an ihrem College verschrieben. Ihren Geburtstag will sie mit zwei Freundinnen, na gut, eher Bekannten, am Strand feiern - doch dann kommt alles anders. Der von sich selbst mehr als überzeugte Highschool-Schwarm hat andere Pläne. Zusammen mit seinem Freund bringt er die drei Mädels in eine abgelegene Hütte inmitten eines unberührten Waldes. Nicht einmal Handy-Empfang gibt es hier - dafür einen Stalker, der Jagd auf die Jugendlichen macht… bis Allie Beweise findet, dass sie sich gar nicht in der freien Natur befinden; doch die Ermordeten werden dadurch auch nicht wieder lebendig.

Maggie kommt in einer Halle zu sich. Um sie herum neun andere Frauen - sie alle werden gezwungen, an einem tödlichen Spiel teilzunehmen: wenn sie nicht wollen, dass einem nahen Angehörigen (Kind, Mutter) etwas passiert. Für die Bewältigung des Parcours haben sie genau 12 Stunden Zeit - wer aus der Reihe tanzt, wird getötet, wer die Wächter anspricht wird getötet, wer sich weigert mitzumachen - Sie ahnen es schon, wird getötet.


Den Kurzabrissen können sie unschwer entnehmen, dass vorliegend die Märchenfiguren zu Hause bleiben - Henry offeriert uns einen lupenreinen Thriller, par excellence.

Der Verlag hat mit dem wundervoll passenden Cover und den Fußabdrücken auf dem Rundumschnitt einen deutlichen Hinweis darauf gegeben, dass es vorliegend brutal, blutig und gewalttätig zugehen wird.

Zunächst verblüfft das Angebotene; jeder der drei Handlungsstränge ist eigenständig, hat mit den anderen nichts gemein. Da erwartet uns ein Kriminal-Plot, die Handlung eines Horror-Films und ein „Tribute von Panem“-Abklatsch. Alles sehr spannend angerichtet, alles jeweils mit einer starken Frauenfigur in der Hauptrolle besetzt und alles nutzt bekannte Stereotypen, ohne dabei die Vorlagen zu plagiieren.

Stilistisch wie gewohnt auf ansprechendem Niveau, bietet sich der Text - besser gesagt die Texte - flüssig und locker zu lesen an. Gerade weil Henry immer wieder bekannte Themata aufgreift, diese dann aber wandelt und mit ihren eigenen Schwerpunkten und Abweichungen versieht, bleiben die drei Plots spannend.

Die letztendliche Auflösung, wie die drei Sub-Plots zueinander passen, ist lange nicht vorhersehbar und bietet dann die überraschende Offenbarung im temporeichen Finale.

Insoweit wieder ein Buch aus der Feder Christina Henrys, das das Potential hat, seine Leserinnen und Leser an die Seiten zu fesseln, sie rasant, teilweise brutal zu unterhalten und dabei immer auch ein wenig für Feminismus einzutreten.