Robert Kraft: Loke Klingsor 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 16. März 2024 12:24
Robert Kraft
Loke Klingsor 2
Kapitel 31 bis 60
Titelbild und Innenillustrationen: Otto Peter
Verlag Dieter von Reeken, 2024, Paperback, 626 Seiten, 20,50 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Loke Klingsor, Sohn eines Wikinger-Nachfahren und einer indischen Weisen, erzogen in tibetanischen Klostern und mit besonderen Geisteskräften ausgestattet, gehört zu einer geheimen Gruppe von Menschen: den Skalden, wie sie sich selbst nennen. Diese leben nicht nur unerkannt unter der normalen Bevölkerung, sie herrschen über Reiche in abgelegenen Landstrichen, führen dort mit primitiven Waffen Krieg mit- und gegeneinander, gebieten über technisch weit überlegene Errungenschaften und verblüffendes Wissen.
Einst war er, der zu den mächtigsten Menschen der Erde zählt, in Freundschaft Samuel Philipp, einem Milliardärssohn aus New York, zugetan. Seitdem dieser versucht, das Geheimnis des Mannes mit den Teufelsaugen in Form der Tätowierung von dessen Rücken zu reißen, ist die Freundschaft zerbrochen. Drei Millionen Dollar hat Philipp für denjenigen ausgelobt, der ihm die Tätowierung bringt; wenn Klingsor dabei stirbt, wäre ihm dies nur recht.
Die verschiedenen Expeditionen machen sich in Diensten Philipps auf, in die entlegensten Gebiete der Erde - in das nordafrikanische Gebirge der Sahara, das unerforschte Innere Australiens, die Berge Tibets, der Dschungel Südamerikas und die Tiefen der Ozeane; allesamt Refugien, in denen Loke Klingsor seine Niederlassungen eingerichtet hat.
Dass ihre Beute sie schon lange beobachtet, dass er die Integren unter ihnen mühelos auf seine Seite zieht, während die Verbrecher und Schurken ihre gerechte Strafe ereilt, führt Philipps Pläne nach und nach ad absurdum…
Es ist schon erstaunlich, dass ein auf den ersten Blick viel zu langer Unterhaltungsroman auch heute noch, weit über 100 Jahre nach seiner Entstehung, seine Leser zu fesseln weiß.
Dabei bildet der Grundplot der Verfolgung Loke Klingshrs durch die beauftragten Schergen Phillips wirklich nur das Grundgerüst, in das die Autoren (Robert Kraft und Johannes Jühling) ihre verschiedenen Abenteuer-Geschichten eingebettet haben.
Natürlich folgen diese einem gewissen wiedererkennbarem Grundschema. Zwei integre Menschen machen sich mit einem Schurken auf die Suche nach Loke, lernen sich kennen, respektieren, sofern sie vom unterschiedlichem Geschlecht sind vielleicht gar lieben, und stellen sich dem bösen Dritten im Bunde.
Die Faszination geht zum einen von den exotischen Handlungsschauplätzen aus, zum anderen von den phantastischen Gerätschaften, Erfindungen und Geheimnissen der Skalden.
Durch die Augen der Abenteurer lernt der Leser die große weite Welt kennen. Man darf hier nicht vergessen, dass die Zielgruppe der zu Beginn des letzten Jahrtausends publizierten Abenteuer der eher mäßig gebildete Arbeiter war, der Zeit seines Lebens aus der angestammten Umgebung nicht herauskam. Man kann sich vorstellen mit welchem Staunen und Glanz in den Augen dieser die Beschreibungen des Dschungels, der tibetanischen Hochgebirge oder der Sandwüsten lesen mochte.
Der namensgebende Loke Klingsor wird uns erstaunlich ambivalent vorgestellt. Mal der verliebte, treusorgende Familienvorstand, der verlässliche Freund, dann wieder als egoistischer Strippenzieher und Manipulator, der mit Menschen und Schicksalen jongliert. Dass er es hierbei oft mit noch skrupelloseren Subjekten, allen voran eine Femme fatale der besonders niederträchtigen Art zu tun bekommt, deren menschenverachtende Pläne er durchkreuzt, versöhnt den Leser wieder mit der Figur.
So geht es temporeich hinein in unterirdische Höhlensysteme, auf abgelegene Hochebenen, zu aufgegebenen Klostern und Ruinen, in Sandmeere und grüne Höllen, dass das Herz des Lesers lacht. Natürlich sind viele Beschreibungen mittlerweile überholt, hat die Zeit so Manches relativiert oder sind Entwicklungen in eine andere als die vermutete Richtung gegangen, doch das merkt man dem Text nicht wirklich an. Dieser fasziniert nach wie vor und lässt uns gespannt einmal mehr mitten in der Handlung zurück.