Simone Keil: Das Mädchen mit dem Porzellangesicht (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 16. März 2024 12:27
Simone Keil
Das Mädchen mit dem Porzellangesicht
Hobbit Presse, 2024, Hardcover, 224 Seiten, 22,00 EUR
Rezension von Christel Scheja
Die 1971 geborene und heute in Thüringen lebende Simone Keil interessierte sich schon früh für Fantasy, hat aber erst einmal lange Jahre im Vertrieb gearbeitet. Inzwischen schreibt sie phantastische Romane für Jugendliche und Erwachsene, zu denen auch „Das Mädchen mit dem Porzellangesicht“ gehört.
In einem kleinen Backsteinhaus in Covent Garden kommt 1888 die kleine Miyo zur Welt, allerdings weiß ihr Vater, der Puppenmacher Kazuki Kobayashi, dass die Schwierigkeiten jetzt erst anfangen, ist er doch einen dunklen Handel mit einem Fremden eingegangen, der nun seinen Preis einfordern wird.
Und so tut er alles, um das Kind vor ihm zu verbergen - zieht fort und gibt die Kleine schließlich in andere Hände, nicht ohne sie jedoch vorher mit einer Maske aus Porzellan zu versehen, um ihre wahre Schönheit zu verbergen.
Simone Keil durchbricht mit ihrer Geschichte die Genre-Grenzen, vermischt sie doch eine klassische Steampunk-Atmosphäre, in der menschenähnliche Automaten nichts Ungewöhnliches zu sein scheinen, mit viktorianischem Ambiente und eindeutigen Märchen-Motiven, denn der Fremde scheint mehr zu sein als nur ein Geldeintreiber mit ganz besonderen Vorlieben.
Die Autorin spielt mit Motiven, die man aus dem Horror kennt, wirft ihre Interpretation von Jack The Ripper in die Waagschale und lässt die dunklen Seiten der viktorianischen Epoche anklingen, in der vor allem Kinder schnell zu Opfern geldgieriger Erwachsener werden konnten.
So mag Miyo zwar wegen ihres starren Puppengesichts verachtet und gefürchtet werden, ist aber wie manche der Automaten menschlicher und lebendiger als viele Personen.
Heraus kommt eine versponnene Geschichte, die mit sehr menschlichen Gefühlen, den Folgen eines Handels und einem dunklen Charakter spielt, den erfahrene Leser sicherlich bald durchschauen werden.
Die Handlung ist vielleicht nicht spektakulär und actionreich, hat aber eine dichte Atmosphäre und weiß durch seine alltägliche Schlichtheit durchaus in den Bann zu schlagen, gerade wenn man sich näher mit der Epoche beschäftigt hat. Im Vordergrund stehen jedenfalls die Figuren rund um Miyo, die alle mit sehr viel Sorgfalt ausgearbeitet wurden.
So ist „Das Mädchen mit dem Porzellangesicht“ eine verschrobene und ruhige Geschichte, die vielleicht keine Fans actionreicher Fantasy anspricht, sondern vielmehr die Leser, die leise Andeutungen und einen Hauch Magie wie in der klassischen Schauer-Romantik zu schätzen wissen.