Natasha Pulley: Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit (Buch)

Natasha Pulley
Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
(The Kingdoms, 2021)
Übersetzung: Jochen Schwarzer
Hobbit Presse, 2024, Taschenbuch, 544 Seiten, 14,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Bereits 2022 erschien der Roman „Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit“ im Hardcover, nun legt der Verlag auch noch eine Taschenbuch-Ausgabe des Buches nach. Wieder einmal bietet die britische Autorin, die in Oxford studierte, literarisch ambitionierten Lesegenuss.


Joe Tournier erwacht ohne jegliche Erinnerung an seine Vergangenheit 1898 am Bahnhof Gare-du-Roi. Nur eines weiß er ganz sicher: Das London, in dem er früher lebte, stand sicherlich nicht unter der Herrschaft der Franzosen, die ganz offensichtlich vor über achtzig Jahren den Krieg gewonnen haben.

Nach dem Aufenthalt in einer Psychiatrischen Klinik versucht er sein Leben in den Griff zu bekommen, bis er eine mysteriöse Postkarte erhält. Nun setzt er alles daran, zu dem Leuchtturm auf einer Insel der Äußeren Hebriden zu kommen. Damit aber fängt das Abenteuer erst richtig an, Mit Ereignissen, die lange vor seiner Geburt begannen…


Zunächst bietet die Autorin erst einmal ein Szenario wie es für viele Briten unvorstellbar ist, denn England unter einer repressiven französischen Herrschaft zu sehen, die alles Englische verbietet, selbst die Sprache, ist grauenhaft. Dementsprechend rückständig wirkt auch die Gesellschaft, in die Joe stolpert. Doch das ist nichts im Vergleich zu dem, was passiert, als er an dem geheimnisvollen Leuchtturm ankommt, auf dem schon mehrere Wärter vor ihm verschwunden sind, denn ein geheimnisvoller Mann lockt ihn durch eine Schwelle und ein wilder Ritt durch die Zeit beginnt.

Interessanterweise erschafft die Autorin eine Welt, die es so nie gegeben haben kann, zumal Anfang des 19. Jahrhunderts auch Frauen in der Royal Navy dienen, was in der Realität niemals so war. Ihr Hauptaugenmerk liegt auch nicht auf historischer Genauigkeit, sondern dem, was die Menschen, die die Schwelle der Zeit entdeckt haben, damit anstellen und wie sie damit zurechtkommen. Während die einen es für ihre Machtgelüste benutzen wollen, gibt es auch andere wie Joe, die einfach nur ein friedliches Leben führen möchten. Daher sind seine Triebfeder und sein Ziel auch eher persönlich und für die Meisten sicher nachvollziehbar; etwas, das dem Buch eine sympathische Note gibt.

Wirkliche Erklärungen für das Phänomen gibt es nicht und wenn, dann sind sie gut versteckt. Das Ganze ist eher ein Spiel mit verschiedenen gesellschaftlichen Entwicklungen und Beziehungen zwischen den unterschiedlichsten Persönlichkeiten, so dass der phantastische Anteil doch eher im Hintergrund steht und die Spannung auch nicht so hoch ist, wie sie sein könnte.

Alles in allem ist „Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit“ eine Ansammlung interessanter Gedankenspiele und Szenarien, die lose miteinander zusammenhängen, aber nicht wirklich ein gemeinsames Ziel haben oder Leser in den Bann schlagen können, die mehr Lust auf Abenteuer und Action haben, denn das ist steht tatsächlich gegenüber gesellschaftlichen und persönlichen Entwicklungen zurück.