Frank R. Stockton: Amos Kilbright - Erlebnisse eines längst Verstorbenen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 26. Februar 2024 17:18

Frank R. Stockton
Amos Kilbright - Erlebnisse eines längst Verstorbenen
(Amos Kilbright, 1818)
Übersetzung: Margarete Jocobi
Edition Dornbrunnen, 2024, Paperback, 56 Seiten, 7.00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Was wäre, wenn - eine zumindest auf den ersten Blick ebenso einfache und doch, denkt man einmal genauer darüber nach, recht komplizierte Frage. Was also wäre, wenn es Spiritisten gelänge, einen Geist nicht nur zur Séance zu beschwören, sondern, mit geeigneten Mitteln, im wahrsten Sinne des Wortes leibhaftig werden zu lassen?
Ein Mann, in der Blüte seiner Jahre im Meer ertrunken, wird auf Bitte seines betagten Enkels beschworen. Dass er dann mit einem materiellen Körper ausgestattet umherläuft und staunend, aber auch ablehnend die Neuerungen seit seinem Tod begutachtet, bringt die Mitglieder einer Esoteriker-Vereinigung in die Bredouille.
Da kommt es ihnen zupass, dass ein Rechtsanwalt sich des gestrandeten Zurückgeholten annimmt - bis es der Vereinigung gelingt, ihn wieder zu entleiben.
Dass unser vom Tode Auferstandene sich bis dahin eine Existenz aufgebaut hat, ja heiraten will - wen schert es; die Beweise des Scheitern des Geister-Beschwörung - immerhin blieb es ja nicht beim Geist - muss weg. Doch hat dieser nicht auch Rechte?
Wie uns der Herausgeber und Kenner klassischer Phantastik Lars Dangel in seinem, wie gewohnt fundierten, interessanten und ausführlichen Nachwort mitgibt, ist diese Novelle aktuell wie selten. Welche Rechte haben denn ins Leben gerufene Intelligenzien - seien sie künstlich oder beschworene Verstorbene; eine bei näherer Betrachtung faszinierende Frage, die sicherlich in zukünftigen Master- und Doktorarbeiten von angehenden Juristen und Philosophen noch ausgiebig beleuchtet werden wird.
Vorliegender Text liest sich dabei erstaunlich aktuell und modern. Dies mag auch daran liegen, dass es Stockton in seinem berühmtesten Werk darum ging, die Auswirkungen der Ereignisse auf die Menschen darzustellen, die vergangene und altmodische Welt um sie herum ihn nicht weiter interessiert. Dabei kann man die Verhaltensweisen sowohl des personifizierten Geistes wie auch der Menschen, die diesem begegnen, recht gut nachvollziehen. Der eine möchte sein so früh unterbrochenes Leben fortführen, vielleicht ein wenig Freude finden, die anderen wissen mit dem Unbekannten, das ihnen hier begegnet, erst einmal nicht richtig umzugehen. Kein Wunder, dass die einfachste Lösung (Weg mit dem Resultat des Experiments) schnell bei der Hand ist. Doch dann gibt es moralische wie rechtliche Zweifel, die der Novelle erst ihre Würze verleihen.
Das Gebotene liest sich dabei durchaus spitzig, interessant und besticht durch ihre zugrundeliegenden Fragen, über die sich der Leser gerne auch Gedanken machen darf.