Stella Tack: Der schlafende Prinz - Ever After 1 (Buch)

Stella Tack
Der schlafende Prinz
Ever After 1
Ravensburger, 2023, Paperback, 576 Seiten, 16,99 EUR

Rezension von Christel Scheja

Die 1995 geborene Stella Tack absolvierte zwar eine therapeutische Ausbildung, fand ihre Berufung aber im Verfassen von Liebesgeschichten für junge Erwachsene. Mit ihrer neuen Dilogie „Ever After“ folgt die dem aktuellen Trend, Märchen-Motive und Fantasy mit Romantik zu verbinden, wie der erste Band, „Der schlafende Prinz“, beweist.


Die Nachfahren der Märchenfiguren leben unter den Menschen, aber sie unterscheiden sich bis auf ihr Blut und ihre Vergangenheit kaum noch von den Sterblichen, da sie vor langer Zeit ihrer Gaben beraubt wurden. Seit Jahren schwindet auch ihre Zahl. Nun soll ein altes Ritual all diesen Glanz vergangener Zeit zurückbringen.

Ein verfluchter Prinz ruht tief unter dem Tower. Nur der Kuss einer jungen Frau mit Märchenblut in den Adern kann ihn erwecken. Rain White, eine Nachfahrin von Schneewittchen, ist gar nicht begeistert davon. Und ihre dunklen Ahnungen bewahrheiten sich schon bald, denn nachdem sie gezwungenermaßen ihre Pflicht erfüllt hat, bricht die Hölle los.


Anders als viele andere pickt sich die Autorin nicht nur einige wenige und dann auch noch bekannte Märchen heraus, sondern nutzt gleich ein weitaus größeres Arsenal an Figuren, als die Leser es gewohnt sind. Zwar stammen die Hauptfiguren mehr oder weniger von den wichtigen Prinzessinnen oder Königen des Grimm‘schen Kosmos ab, aber es tauchen auch immer wieder Gestalten und vor allem Elemente auf, die man nur dann sofort erkennt, wenn man Einiges mehr von den Märchen gesehen hat. Das muss man der Autorin tatsächlich lassen, sie hat gut recherchiert und beweist ein geschicktes Händchen, was das Spiel mit den Märchen-Motiven angeht, die hier in ein modernes Umfeld versetzt werden.

Ansonsten bedient sie aber tatsächlich die Erwartungen, die viele Leserinnen und Leser an den Plot haben dürften. Da ist die eigenwillige Heldin, die am liebsten aus der Tradition ausbrechen würde, ihre Freunde und Feinde inklusive eines Love Interest.

Dann aber bricht das Grauen über die behütete Welt der jungen Märchenfamilien-Abkömmlinge herein, müssen sie doch auf der Flucht so Einiges durchmachen und an Federn lassen, werden immer wieder mit den dunklen Seiten der Märchen-Magie konfrontiert.

Und nicht zuletzt kommt auch ein junger Mann mit vielen Geheimnissen ins Spiel, der nicht nur mit dem Dunkel verbunden ist, sondern natürlich auch die Sinne der Heldin verwirrt.

Das Ganze kommt aber überraschenderweise erst einmal als eine nette Variation des „Enemies to Lovers“-Thema daher, dürfte aber auch eine bewusste Vorbereitung auf das sein, was sich dann im zweiten Band erfüllen muss.

Die Geschichte bietet zwar auch Einiges an Action, ist aber in erster Linie auf die Gefühle und Gedanken der jungen Heldin ausgerichtet. Der anvisierten Zielgruppe - Teenager und junge Frauen - wird es gefallen, dem Genre-Fan wird aber mehr an Abenteuer und Magie geboten als in anderen Romanen dieser Art.

„Der schlafende Prinz“ bietet als Auftakt des Zweiteilers „Ever After“ immerhin mehr als nur romantische Gefühle, denn auch das Abenteuer und der magische Hintergrund sind sorgfältig ausgebaut und bieten Einiges an Überraschungen, gerade weil man merkt, dass die Autorin Mühe in die Recherche für ihr Werk gesteckt und sich nicht nur an den offensichtlichen Motiven bedient hat.