Poznanski: Oracle (Buch)

Poznanski
Oracle
Loewe, 2023, Hardcover, 432 Seiten, 22,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Schon seit Jahren zeichnet sich Ursula Poznanski durch die Tatsache aus, dass sie mit sicherem Händchen aktuelle Themen aufgreift und in modernen Thriller verarbeitet, die sich an Leserinnen und Lesern ab vierzehn Jahren richtet. Treffsicher setzt sie die Lebenswelt ihrer Helden in Szene, wie sie nun auch wieder in „Oracle“ beweist.


Schon als Kind hatte Julian mit seltsamen Wahrnehmungen zu kämpfen, die niemand wirklich ernstnahm. Stattdessen kam er in Therapie und musste Tabletten nehmen, konnte jahrelang nicht wirklich unter Menschen gehen. Doch mit dem Studium wagt er einen Schritt nach vorne und beginnt sich seinen Dämonen zu stellen.

Ermutigt von einigen Kommilitonen und einem Klassentreffen, setzt er nun seine Tabletten ab und versucht herauszufinden, ob die Wahrnehmungen wirklich nur Wahnvorstellungen sind oder ob er wirklich erkennen kann, ob einer Person in der Zukunft etwas Schlimmes passiert.


In einer Zeit, in der viele andere Autorinnen und Autoren übersinnliche Gaben eher verklären und als besonderes Beiwerk in ihre romantisch angehauchten Werke einbauen, geht Ursula Poznanski bewusst einen ganz anderen Weg. Sie bleibt nahe an der Wirklichkeit, denn für Julian und sein Umfeld sind die Wahrnehmungen eher ein Fluch und Hirngespinste, die den jungen Mann belasten und psychisch angeschlagen haben werden lassen. Nun aber ist er in einem Alter, in dem er sich Fragen stellt und entschlossen diesen nachgeht.

Lebensnah und vor allem glaubwürdig beschreibt die Autorin seine Gedanken und Gefühle, bietet auch in seinem Umfeld ein breites Spektrum an Verhalten, wenn andere davon erfahren. Das wird überraschend unspektakulär geschildert, hat darum aber gerade einen sehr glaubwürdigen und nachvollziehbaren Touch. Denn man kann sich sehr gut in die neue Umgebung hineinversetzen, sich die neu gewonnenen Bekannten und Freunde bestens vorstellen. Auch die Auflösung kann sich sehen lassen, denn am Ende werden alle Fäden sauber zusammengeführt. Bis dahin gibt es keine Längen, gibt es doch genügend spannender Anknüpfungspunkte.

Die Figuren sind gut ausgearbeitet und haben alle mehr oder weniger Profil, zumindest die jungen Leute. Blasser wirken da schon die Erwachsenen, die eher am Rand auftauchen, was aber vermutlich gewollt ist.

„Oracle“ ist wieder einmal ein gelungener Thriller aus der Feder von Ursula Poznanski, der die Hauptfigur mit einer interessanten Gabe konfrontiert, die gleichermaßen Fluch wie Segen sein kann. Die Handlung ist ausgewogen und von Anfang bis Ende spannend, bleibt dabei auch noch nahe an der Wirklichkeit, so dass auch Leserinnen und Leser, die keine Phantastik mögen, unterhalten werden.