Linda Segtnan: Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen (Buch)

Linda Segtnan
Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen
(Åttonde huset. Till åminnelse av en flicka, 2021)
Übersetzung: Kerstin Schöps
Atrium, 2023, Hardcover, 378 Seiten, 24,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Die 1986 geborene Linda Segtnan ist eigentlich Autorin im Bereich Geschichte und hat auch schon Audio-Horror-Erzählungen mit historischem Bezug verfasst. Besonders berührt hat sie aber ein ungeklärter Mordfall aus dem Jahr 1948, der sie so mitriss, dass sie einen ganzen Roman über die Suche nach der Wahrheit verfasste: „Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen“.


Birgitta Sivander verschwindet an einem Mai-Abend des Jahres 1948. Kurze Zeit später wird ihre Leiche unter einem Steinhaufen im nahen Wald gefunden. Die Polizei ermittelt und die Presse stürzt sich auf den Fall, der jedoch niemals eindeutig geklärt werden kann, aber viele weitere Opfer zurücklässt.

Im Jahr 2016 fällt Linda Segtnan der Fall in die Hände und sie wird so von dem Geschehen mitgerissen, dass sie weitere Recherchen unternimmt, etwas, was auch immer mehr Auswirkungen auf ihr Leben hat.

 

Die Autorin macht keinen Hehl daraus, dass ihr Roman nicht unbedingt den Fall aufklären möchte, sondern beschreibt eher die Auswirkungen, die die Recherchen auf sie und ihre eigene Familie hatten. Und natürlich schwingt auch ein wenig Übersinnliches mit, hat sie doch auch das Gefühl, dass Birgitta immer irgendwie bei ihr ist, während sie sich mit dem damaligen Geschehen beschäftigt.

Die Handlung bewegt sich auf zwei Ebenen. Auf der einen beschreibt die Autorin, wie die letzten Stunden des Mädchens ausgesehen haben können - auch wenn sie die Tat ausklammert -, schildert welche Auswirkungen der Fund der Leiche nicht nur auf die Familie des Opfers hat, sondern auch auf die derjenigen, die nach und nach verdächtigt werden. Ein Schuldiger ist bald gefunden, auch wenn man ihm nichts nachweisen kann. Und so wird er vermutlich zu einem weiteren Opfer der Umstände.

Man merkt, dass die Autorin sich sehr intensiv und feinfühlig mit dem Geschehen beschäftigt hat und viel von dem benutzen konnte, was ihr der noch lebende Bruder des Opfers erzählen konnte. Ähnlich schwer wiegen aber auch die Gefühle, die sie mit sich herumschleppt, die Angst um ihre eigenen Kinder und der Wunsch, beide irgendwie vor Gewalt und Tod zu beschützen. Auch das weiß intensiv zu berühren, auch wenn sie einen gewissen Abstand zum Leser wahrt.

Letztendlich bleibt das Buch dadurch aber weder Fleisch noch Fisch, da der True-Crime-Aspekt durch die persönliche Seite etwas in den Hintergrund tritt und vielleicht für ein Drama zu wenig bietet. Man muss sich deshalb schon auf die eigenwillige Erzählweise und den ungewohnten Ansatz einlassen können und sollte auch keine absoluten Antworten erwarten. Aber immerhin erreicht die Autorin damit, dass das Mädchen Birgitta nicht so schnell vergessen wird.

„Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen“ sagt eigentlich im Titel schon alles. Denn auch wenn die Handlung auf einem wahren Verbrechen beruht, so geht es doch weniger um die verspätete Aufklärung des Falls oder zumindest seine akribische Vorstellung, sondern letztendlich auch um die Auswirkung, die die Recherchen auf die Autorin hatten.