Caroline Hofstätter: Findungstag - Evergreen Ray 1 (Buch)

Caroline Hofstätter
Findungstag
Evergreen Ray 1
2023, Taschenbuch, 332 Seiten, 15,56 EUR

Rezension von Christel Scheja

Die 1975 geborene Caroline Hofstätter lebt heute in der Nähe von Wien. Bereits mit ihrem Debütroman „Das Ewigkeitsprojekt“ faszinierte sie die Leser und wurde sogar für den Kurd Laßwitz Preis nominiert. Mit „Findungstag“ legt sie nun einen zweiten SF-Roman vor und den ersten Teil ihrer „Evergreen Ray“-Serie.


Im Jahr 2095 hat die Technik in Wien ein wahres Paradies geschaffen. Die Bewohner der Metropole leben in einer modernen Welt, in der die Concordia-KI jeden Menschen behütet und bestimmt, was das Beste für ihn ist. Das Leben könnte unbeschwert sein, denn die meisten Krankheiten sind besiegt und alle so versorgt, wie sie es verdienen. Allerdings ist Eve da anderer Meinung. Sie lebt mit einer gestohlenen Identität und versucht möglichst unauffällig zu bleiben, denn sie will sich aus einem guten Grund nicht den Wünschen der KI unterwerfen. Deshalb lässt sie sich auch auf gefährliche Geschäfte ein.

 

Zunächst steht in Caroline Hofstätters Roman der Entwurf einer Welt im Vordergrund. Wer wünscht sich nicht schon lange, dass eine KI für ihn sorgt und alle lästigen Entscheidungen abnimmt, vor allem aber auch für Gesundheit oder ein besseres Leben sorgt. Doch wie alles hat auch dieses eine unangenehme Seite - greift die künstliche Intelligenz doch immer mehr direkt in das Leben der Menschen und vor allem ihren freien Willen ein, wie Evergreen Ray schmerzhaft an ihrem „Findungstag“ erfahren hat, dem Moment, in dem über ihre Zukunft entschieden wurde. Seither lebt sie in den Schatten und schlägt sich mit schmutzigen Geschäften durch, dealt mit Dingen, die die KI längst aus dem Alltag verbannt hat. Und doch kann sie nicht aus ihrer Haut, was eine Kette spannender Ereignisse auslöst.

Der Autorin gelingt der Spagat zwischen einem angenehmen Lebensentwurf und den Entwicklungen, die schnell in eine unangenehmere Richtung ausschlagen können. Zudem nimmt die Spannung nach der Einführung immer mehr zu, erfährt man doch erst nach und nach, was die Heldin zu der Entscheidung gebracht hat, aus ihrem eigentlichen Leben auszubrechen und sich als Handlangerin zu verdingen.

Das Ganze weckt „Shadowrun“-Vibes, auch wenn es natürlich keine Magie gibt und diese Zukunft weitaus lichter ist, als die des Spiels. Man merkt auch, dass die Geschichte sich bewusst an Jugendliche richtet, da die Heldin im passenden Alter ist und längst ein Teil der volldigitalisierten Gesellschaft.

Die Handlung wird spannend und glaubwürdig aufgebaut, es gibt keine Längen und die Figuren entwickeln sich ansprechend weiter, je mehr sie von sich preisgeben. Das Einzige, was vielleicht das Lesevergnügen trüben könnte, ist wohl der Cliffhanger am Ende. Der macht allerdings auch Lust auf Mehr.

„Findungstag“, der erste Band der „Evergreen Ray“-Serie, ist der spannende Einblick in eine Welt, die bereits ganz von einer KI gesteuert wird und sehr angenehm sein kann, wenn man bereit ist, seine eigenen Wünsche und viel von seinem Willen aufzugeben. Die Heldin tut das natürlich nicht, und so beginnt schon bald ein so spannendes wie dramatisches SF-Abenteuer für junge Erwachsene.