Lara Elena Donnelly: Amberlough - Stadt der Sünde (Buch)

Lara Elena Donnelly
Amberlough - Stadt der Sünde
(Amberlough, 2017)
Übersetzung: Roswitha Giesen
Cross Cult, 2023, Taschenbuch, 432 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Willkommen in Amberlough, einer Metropole in einem Reich, in dem es gärt. Ein Reich, das aus vier selbständigen Provinzen besteht, ein Reich, in dem eine Einheitspartei anstrebt, die Macht an sich zu reißen.

Doch bevor die Nationalisten, die mit allen Mitteln - seien sie legal oder nicht ganz koscher - ihr Ziel zu erreichen suchen, wird noch einmal gefeiert. Im Bumble Bee Cabaret, dem angesagtesten Nachtclub der Stadt, treffen sich alle, die Rang und Namen, Einfluss und Vermögen haben. Hier vergisst man für ein paar Stunden die drohende Machtübernahme der Faschisten, hier ist die freie Liebe noch wirklich frei, denkt sich niemand etwas bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen.

Willkommen, Bienvenue and Welcome und nur hinein, denn Conférencier Aristide Makricosta und die Burlesque-Tänzerin Cordelia und ihre Kolleginnen und Kollegen warten bereits sehnsüchtig auf Sie, um Ihnen ein wenig Glück, ein bisschen Vergessen und ein Refugium voller Toleranz zu bieten. Dass Aristide nebenher mit Drogen handelt, dass Cordelia wie eine Blume von Blüte zu Blüte fliegt, dass der Geheimagent Cyril DePaul hier Stammgast ist - was soll’s, heute wird gefeiert, denn morgen könnte bereits alles vorüber sein und die Nationalisten, die Ospries, das Ruder übernommen haben.


Was ist dies für ein Buch, ein Erstling, dem es gleich gelang für einige der hoch angesehensten Preise (Nebula Award und Locus Award) vorgeschlagen zu werden? Ein Roman, der uns in eine etwas andere Kulisse als gewohnt entführt. Pate stand ganz eindeutig die größte Metropole der 20er Jahre - das Berlin der Weimarer Republik. Ähnlich wie damals bestimmt das Elend und die Verarmung breitester Bevölkerungsschichten das Geschehen, drohen Propagandisten dies auszunützen, um sich an die Macht zu putschen - auch wenn sie ein dekoratives legales Kleidchen vorschieben.

In diese Atmosphäre, die geprägt ist von Angst vor dem Niedergang, vor dem Verlust von Freiheit und Toleranz, begegnen wir drei maßgebenden Figuren. Dass diese alle etwas halbseiden unterwegs sind, dass sie sich im und mit dem organisierten Verbrechen auskennen, fügt der Geschichte um einen politischen Umbruch, um Liebe und Leid weitere Spannung hinzu.

Dies alles hat die Verfasserin herrlich unaufgeregt und bedächtig aufgebaut, so dass wir Leser uns gut in die beschriebene Stadt und Ära hineinversetzen können. Dabei sind die Figuren ebenso schillernd wie vielschichtig gezeichnet, agieren in einer interessanten Welt im Umbruch und fesseln uns mit ihrem jeweiligen Schicksal an die Seiten. Wahrlich nicht das Schlechteste, was man von einem Debüt sagen kann!